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Archiv für die Kategorie ‘Europapolitik’

Solidarität mit den Protesten gegen die Arbeitsrechts-„Reform“ in Frankreich

attac

 

Wir, Menschen aus Wissenschaft Publizistik und Gewerkschaften aus Deutschland, erklären unsere Solidarität mit den Menschen in Frankreich, die gegen die Arbeitsrechts-„Reform“ weiter protestieren und streiken. Diese Streiks und Proteste sind berechtigt, notwendig und ein Vorbild für die gesamte Europäische Union.

 

Wir protestieren gegen das Gesetz, das per Notverordnung am Parlament vorbei diktiert wird. Es stimmt weitgehend mit den Forderungen des Arbeitgeberverbandes MEDEF überein und richtet sich gegen die Meinung und Interessen der Mehrheitsbevölkerung. Diese Demokratur verschärft die Rechtsentwicklung in der Europäischen Union.

 

Wir protestieren ebenfalls gegen die massive Polizeigewalt und Verurteilungen, mit denen die Versammlungs- und Meinungsfreiheit der Streikenden und Protestierenden eingeschränkt wird.

 

Präsident Francois Hollande und Premierminister Manuel Valls haben auf angebliche Erfolge gleichartiger Gesetze in anderen EU-Staaten verwiesen. Doch diese Erfolge gibt es nicht, im Gegenteil.

 

Die Bundesrepublik Deutschland, die unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit der Agenda 2010 am frühesten mit solchen „Reformen“ begann, wurde dadurch zum größten Niedriglohnstaat in Europa. Das schädigt nicht nur die Beschäftigten, die Arbeitslosen und vor allem die Jüngeren in Deutschland selbst, sondern auch die  Volkswirtschaften der anderen EU-Mitgliedsstaaten, nicht zuletzt Frankreichs. Diese Reformen sind eine Ursache für die wachsende Arbeitslosigkeit in der ganzen EU.

 

Durch die Agenda 2010 und weitere Maßnahmen der Folgeregierungen wurden in Deutschland kollektive, transparent entwickelte Tarifverträge zurückgedrängt. Die Gewerkschaften werden geschwächt.  Einzelbetriebliche Vereinbarungen führen unter dem internen Druck der Arbeitgeber – sie drohen mit der Schließung oder Verlagerung des Betriebs oder mit Entlassungen – zur noch weiteren Entgrenzung der Arbeitszeiten, zu Lohnsenkungen, zu unbezahlten Überstunden, zu noch mehr Teilzeit- und Minijobs, zu noch mehr befristeten oder sogar unbezahlten Arbeitsplätzen (Praktika).

 

Selbst die deutsche Regierung muss mittlerweile zugeben: wegen der Niedriglöhne und begleitende Rentenkürzungen  bildet sich bereits jetzt eine gewaltige Altersarmut. Pensionäre sind in wachsender Zahl zu Nebenarbeit gezwungen. Hunderttausende Niedriglöhne müssen staatlich subventioniert werden. Mithilfe von etwa tausend Tafeln muss der Hunger der Verarmten notdürftig gestillt werden. Die wachsende Unsicherheit und der unkontrollierte Leistungsdruck haben zu mehr Stress und einem Anstieg der psychischen Krankzeiten und Depressionen geführt.

 

Die nach deutschem Vorbild durchgezogenen Arbeitsrechts-„Reformen“ sind Teil eines zerstörerischen Standort-Wettbewerbs und haben zu Ungleichheiten geführt, die auch den demokratischen und sozialen Zusammenhalt in der EU schon jetzt schwer schädigen.

 

Wir stimmen mit den Streikenden und Protestierenden in Frankreich überein: Die abhängige Arbeit muss aufgewertet, deren finanzielle und moralische Herabwürdigung muss beendet werden! Auch Flüchtlinge dürfen nicht für Lohn-Dumping missbraucht werden!

 

Wir schließen uns der Forderung von Attac Frankreich an: Lohnerhöhungen insbesondere für die unteren Einkommensgruppen! Investitionen müssen in arbeitsplatzschaffende Produkte fließen, etwa in den ökologischen Umbau der Systeme für Transport und Energie! Investitionen in Bildung und Ausbildung für alle! Arbeitszeitverkürzung für alle! Beendigung des zerstörerischen Lohndumping-Wettbewerbs zwischen den EU-Mitgliedsstaaten! Zur Gegenwehr und zur Entwicklung von Alternativen sind auch demokratische Aufstände notwendig.

 

Unterschriften:

Wissenschaftlicher Beirat attac Deutschland (mit den zahlreichen Unterschriften, die eingegangen sind. Daraus geht auch hervor, dass der wiss. Beirat von attac-D die erklärung initiiert hat)

 

Prof. Dr.             Rudolph     Bauer

PD Dr.                Josef           Berghold

Prof. Dr.             Armin         Bernhard

Prof. Dr.             Stefan         Bestman

Prof. Dr.             Alex           Demirovic

Prof. Dr.             Ulrich         Duchrow

Prof. Dr.             Heide          Gerstenberger

Prof. i. R. Dr.         Michael   Hartmann

Prof. Dr.                       Frigga         Haug

Prof. Dr.             Peter           Herrmann

Prof. Dr.             Rudolf        Hickel

Prof. Dr.             Uwe            Hirschfeld

Ass. Prof. Dr.     Stefanie        Hürtgen

Dr.                      Harald        Klimenta

Dr.                      Reinhart       Kößler

Dr.                               Lydia          Krüger

Prof. Dr.             Ingrid         Kurz-Scherf

Prof. Dr.             Mohssen     Massarrat

Dr.                      Wolfgang     Neef

Dr.                      Silke           Oetsch

Dr.                      Norman      Paech

PD Dr.                Ralf            Ptak

Katharina     Pühl

Dr.                                Oliver         Pye

Dr.                      Werner       Rügemer

Dr.                      Thomas      Sablowski

Prof. Dr.             Michael      Schneider

Prof. Dr.                      Jürgen        Schutte

Dr.                      Manuela     Troschke

Prof. Dr.             Michael      Vester

Hon.-Prof. Dr.    Frieder Otto Wolf

 

Und weitere aus attac-D

 

Prof. Dr. Heiner Flassbeck (Makroskop Mediengesellschaft)

Dr. Paul Steinhardt (Makroskop Mediengesellschaft)

Mag Wompel (Labour Net Germany)

Dr. Werner Rügemer (Aktion gegen Arbeitsunrecht)

Dr. Winfried Wolf (Lunapark21)

Franz Kersjes (Welt der Arbeit)

Uwe Hiksch (Naturfreunde Deutschlands)

Marie-Dominique Vernhes (Sand im Getriebe)

Prof. Dr. Rainer Roth (Klartext)

Einzelunterschrift:

Heinrich Bleicher-Nagelsmann (Geschäftsführer Verband der deutschen SchriftstellerInnen)

 

Kontakt:

Dr. Werner Rügemer 0049-163-8689945

 

 

 

NaturFreunde fordern Bundesregierung auf, EURATOM-Vertrag zu kündigen

Mini-Reaktoren: EU-Atompläne müssen gestoppt werden

 

Berlin, 25. Mai 2016 – Zur aktuellen Diskussion über den von der EU-Kommission erarbeiteten Strategieentwurf für einen Ausbau der Atomkraft erklärt Uwe Hiksch, Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands:

 

Ein kürzlich bekannt gewordenes Strategiepapier der EU-Kommission beschreibt Ausbaupläne für die Atomenergie in den Staaten der EU. Diese sind unverantwortlich und mit einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Energiepolitik nicht zu vereinbaren. Denn die EU braucht keine Fantastereien über die Verteidigung der „technologischen Vorherrschaft im Nuklearsektor“ oder den „Bau von flexiblen Mini-Atomreaktoren“. Die Autoren dieses „Strategiepapiers“ haben aus den Atomkatastrophen von Fukushima und Tschernobyl nichts gelernt.

 

Die NaturFreunde Deutschlands begrüßen ausdrücklich die klare Ablehnung dieses Strategiepapiers durch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Von der Bundesregierung erwarten die NaturFreunde Deutschlands allerdings mehr: Es müssen endlich konkrete Schritte unternommen werden, um die vertraglichen Grundlagen für die Förderung und den Bau von neuen Atomreaktoren in der EU zu beenden. Glaubwürdig wird die Kritik an den EU-Atomplänen nur, wenn auch der EURATOM-Vertrag endlich gekündigt wird.

 

Das Ziel: die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie

Der EURATOM-Vertrag aus dem Jahr 1957, der bis heute nahezu unverändert fortbesteht, legt in der Präambel fest, dass „die Voraussetzung für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie“ geschaffen werden solle. Ein Vertrag mit einem solchen unverantwortlichen Grundkonsens muss sofort gekündigt werden.

 

Solange die Bundesregierung akzeptiert, dass mit dem EURATOM-Vertrag der Atomausstieg hintertrieben wird und die Förderung der Nuklearforschung und des Baus von neuen Atomkraftwerken in Europa möglich bleiben, ist die Kritik der Bundesregierung an dem bekannt gewordenen EU-Strategiepapier nur halbherzig.

 

Die NaturFreunde Deutschlands erwarten zudem, dass die Bundesregierung der Klage Österreichs gegen die geplante Subventionierung des Baus eines neuen Atomreaktors im britischen Hinkley Point formell beitritt.

 

Um den Atomausstieg der EU zu unterstützen, fordern die NaturFreunde Deutschlands:

> die schnellstmögliche Auflösung des EURATOM-Vertrages;

> einen neuen europäischen Vertrag, auf dessen Grundlage erneuerbare Energien gefördert und notwendige Energieeinsparungen in ganz Europa durchgesetzt werden;

> eine Initiative der Bundesregierung, um die EU-Verträge so zu ändern, dass die Nutzung von Atomtechnologien für militärische Zwecke sowie zur Energiegewinnung verboten werden;

> eine einseitige Kündigung der EURATOM-Mitgliedschaft Deutschlands, wenn eine Auflösung des Vertrages innerhalb der EURATOM-Mitgliedsstaaten nicht durchsetzbar ist.

Glyphosat: Etappensieg für Umwelt- und Verbraucherschutz

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Berlin, 19. Mai 2016 – Die EU hat heute eine Entscheidung verschoben, ob das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat eine Neuzulassung für Europa erhält. Dazu erklärt Dr. Ina Walenda, agrarpolitische Sprecherin der NaturFreunde Deutschlands:

 

Den öffentlichen Widerstand der europäischen Verbraucher gegen den Unkrauttotalvernichter Glyphosat kann auch die EU nicht einfach ignorieren. Bedauerlich ist, dass sich die Bundesregierung nicht auf ein Nein einigen konnte. Offensichtlich ist bei CDU/CSU der Einfluss der deutschen Agrarindustrie größer als die Sorge um den Schutz der Bevölkerung vor einem der schlimmsten Umweltgifte. Vielleicht haben auch die Kaufabsichten der Bayer AG an dem weltweit größten Glyphosat-Hersteller Monsanto schon eine Rolle gespielt.

Die NaturFreunde Deutschlands danken den SPD-Ministern in der Bundesregierung für ihre kritische Haltung und dem Nein zur Neuzulassung. Die SPD und insbesondere Umweltministerin Hendricks haben Rückgrat gezeigt und die berechtigten Bedenken der Bürger Ernst genommen.

Bei einer Nichtzulassung könnte der Umbruch einer gesamten Branche bevorstehen und die Giftdusche auf den Feldern endlich ein Ende finden. Stattdessen wären wieder ackerbauliches Können und größerer Arbeitsaufwand gefragt. Eine alternierende Fruchtfolge und die althergebrachte mechanische Bodenbearbeitung machen die Giftdusche auf dem Acker überflüssig. Den damit verbundenen Mehraufwand müssten die Landwirte erstattet bekommen. Dazu müsste die Agrarförderung von der Förderung des bloßen Besitzes an Boden (Flächenprämie) auf die Bezahlung für gesellschaftliche Leistungen umgestellt werden. Geld ist mit jährlich rund sechs Milliarden Euro Agrarsubventionen allein in Deutschland reichlich vorhanden.

Von der EU-Kommission erwarten die NaturFreunde Deutschlands, dass nicht die Interessen der Tausenden bezahlten Lobbyisten berücksichtigt werden, sondern die Interessen der Bevölkerung. Die Neuzulassung von Glyphosat muss endgültig abgelehnt werden.

Verbände warnen vor Junckers „Better-Regulation“-Projekt


forum umwelt entwicklung

Noch mehr Macht für Wirtschaftslobbyisten

Berlin/Brüssel, 20.01.2016. Das Europäische Umweltbüro (EEB), Brot für die Welt und das Forum Umwelt & Entwicklung warnen vor dem „Better Regulation“- Projekt von Kommissionspräsident Juncker. Hinter „Better Regulation“ steckt nach Ansicht der Organisationen der gleiche Versuch wie beim Freihandelsabkommen TTIP, Wirtschaftslobbyisten weit mehr Möglichkeiten zu geben, unliebsame Regulierungen zu verhindern oder zu verwässern. Damit besteht das Risiko, dass bestehende Umwelt- und Sozialstandards bei künftigen EU-Gesetzesvorhaben unter den Tisch fallen, wie eine gemeinsam von den drei Organisationen herausgegebene Studie mit dem Titel „Bessere Rechtssetzung‘ – TTIP durch die Hintertür?“ belegt.

 

Was als Prozess zum Abbau unnötiger Bürokratie begann, läuft jetzt darauf hinaus, den Schutz von Bürgern und Umwelt abzubauen.EEB-Politikdirektor Pieter de Pous hat öffentlich zugängliche Dokumente zum Projekt analysiert und kommt zu dem Schluss: „Durch die britische Drohung mit dem EU-Austritt besteht die reale Gefahr, dass diese Agenda noch extremer weitergeführt wird, um den Briten entgegenzukommen.“ Genau dieser Vorrang für Wirtschaftsinteressen ist einer der wichtigsten Gründe, warum das geplante Freihandelsabkommen TTIP so massiv in der Kritik steht. Mit „Better Regulation“ könne man dasselbe Ergebnis auch ohne TTIP bekommen, so de Pous. Die Organisationen haben die Studie allen 28 Regierungen der Mitgliedsländer zur Verfügung gestellt.

 

Die aktuellen Pläne der Kommission sehen vor, einem sogenannten „Ausschuss für Regulierungskontrolle“ erweiterte Befugnisse zu geben. Er könnte dann nahezu sämtliche Initiativen der Kommission blockieren. Anhand neuer Leitlinien soll sichergestellt werden, dass alle Gesetzgebungsmaßnahmen einer Kosten- Nutzenanalyse unterzogen werden und möglichst wenig Kosten für die Wirtschaft verursachen. Außerdem ist geplant, Konsultationsverfahren mit Interessenvertretern auszuweiten, wobei die Möglichkeiten von Industrie-Lobbyisten weitaus größer sind, Einfluss auszuüben, als die von Vertretern der Zivilgesellschaft.

 

Mit Verzicht auf Regulierung im öffentlichen Interesse werde das erklärte Ziel nicht erreicht, Europas Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, so die drei Verbände. „Der VW-Skandal hat gezeigt, wozu es führt, wenn man zulässt, dass sich die Wirtschaft selbst reguliert.“, so Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt & Entwicklung. „Wir brauchen nicht weniger Regulierung, sondern andere Prioritäten in Europas Politik. Zum Beispiel in der Landwirtschaft: wir müssen weg von einer exportorientierten industriellen Landwirtschaft, die lokale Produzenten im globalen Süden ruiniert. Wir fordern eine Handelspolitik, die Ernährungssouveränität respektiert und Agrarökologie fördert. Die Erweiterung des politischen Gestaltungsspielraums von Entwicklungsländern muss im Mittelpunkt einer neuen, zukunftsweisenden Handelspolitik stehen“, sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt.

ECCHR: Spaniens „Push Backs“ an der Grenze zu Marokko – ein Fall für den EGMR

ecchr

Spanien muss bis zum 21. Dezember 2015 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg Stellung zu den „Push Backs“ an der spanisch-marokkanischen Grenze nehmen. Das entschied der EGMR am 31. Juli 2015. Das Gericht reagierte damit auf die Beschwerde, die zwei Geflüchtete aus Mali und der Elfenbeinküste auf Initiative des ECCHR und mit Unterstützung seiner Kooperationsanwälte in Madrid und Hamburg im Februar 2015 eingereicht hatten. Die Regierung in Madrid soll insbesondere die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Kollektivabschiebungen und sogenannten „heißen Rückführungen“, wie Spanien die menschenrechtswidrigen Abschiebungen an der Grenze zu Marokko nennt, darlegen.

Das ECCHR und Brot für die Welt sehen das Verfahren als wichtigen Schritt, um das grundlegende „Recht auf Rechte“ von Geflüchteten einzufordern und gegen die Push Backs an den EU-Außengrenzen vorzugehen.

Pressemitteilung von ECCHR und Brot für die Welt

PM_Melilla_ECCHR_BfdW_20151217.pdf (129,4 KiB)

Rechtsgutachten des UN-Menschenrechtsrats, des UNHCR und des Europarats stützen Beschwerde von zwei Geflüchteten

Beamte der Guardia Civil, Spaniens paramilitärische Polizeieinheit (Guardia Civil) hatten die beiden Beschwerdeführer am 13. August 2014 im wahrsten Sinne „zurückgeschoben“, nachdem sie von Marokko aus über die Grenzanlage von Melilla, eine der spanischen Exklaven in Nordafrika, nach Spanien gelangt waren.

Die Kläger machen vor dem Gerichtshof geltend, dass Spanien mit den Push Backs gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Dies untermauern nun auch Rechtsgutachten des UN-Menschenrechtskommissars, des UN-Flüchtlingswerks (UNHCR), des Menschenrechtskommissars des Europarats, von Amnesty International und der spanischen Flüchtlingsorganisation CEAR zu der Beschwerde.

Laut Berichten von Betroffenen wurden an diesem Tag und auf diese Weise mehr als 70 Menschen nach Marokko abgeschoben. Videoaufzeichnungen dokumentieren, dass die marokkanischen Sicherheitskräfte viele der Geflüchteten vor den Augen der Guardia Civil und unter Schlägen und Tritten durch eines der Tore im Grenzzaun nach Marokko zurücktrieben. Wie viele von ihnen in Spanien Asyl oder subsidiären Schutz hätten beantragen können, ist nicht bekannt. Rechtliches Gehör wurde den Geflüchteten nicht gewährt. Sie hatten keinerlei Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz oder ein Rechtsmittel gegen die drohende Abschiebung einzulegen.

Die spanisch-marokkanische Grenze bei Melilla – Push Backs im rechtsfreien Raum

Fallbeschreibung_Melilla_EGMR.pdf (344,6 KiB)

Der Vorfall vom 13. August 2014 ist ebenso exemplarisch für die menschenrechtswidrige spanische Abschiebepraxis wie für den zunehmenden institutionellen Rassismus und die Gewalt, die Geflüchtete aus der Subsahara-Region im Kontext der Kooperation der EU mit Marokko erleben. Die enge Zusammenarbeit spanischer und marokkanischer Grenzbeamten in Ceuta und Melilla ist Teil einer breit angelegten Kooperation zwischen der EU mit Marokko, die darauf abzielt, Flucht und Migration nach Europa zu verhindern.

Die Push Backs – in Spanien „devoluciones en caliente“ („heiße Rückführungen“) genannt –werden seit 2005 praktiziert. Seit April 2015 regelt ein Gesetz explizit, dass Ausländer, die die Grenzanlagen von Ceuta oder Melilla zu überwinden versuchen, zurückgewiesen, d.h. unmittelbar abgeschoben, werden können. Internationale Institutionen wie der EU-Menschenrechtskommissar und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen haben die Push Backs an der spanisch-marokkanischen Grenze wiederholt und scharf kritisiert, insbesondere nachdem die spanische Regierung diese Praxis durch das neue Gesetz quasi zu legalisieren versucht. Nun sind die Push Backs ein Fall für den EGMR.

VENRO: Keine faulen Deals auf Kosten von Flüchtlingen

venro

 

Berlin, 10.11.2015 – VENRO fordert anlässlich des Valletta-Gipfels der Afrikanischen und Europäischen Union am 11./12. November eine wirksame Bekämpfung von Fluchtursachen.

 „Es ist der falsche Weg, Fluchtbewegungen durch Grenzschutzkooperationen mit diktatorischen Regimes, wie in Eritrea oder im Sudan, zu begegnen“, sagt Dr. Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO. „Entwicklungszusammenarbeit darf nicht als Druckmittel für die Kooperation beim Grenzmanagement und der Rückführung von Flüchtlingen und Migranten missbraucht werden. Es darf keine faulen Deals auf Kosten von Flüchtlingen geben.“

 „Wenn die Bundesregierung Fluchtursachen wirksam angehen will, muss sie dazu beitragen, ein menschenwürdiges Leben überall zu ermöglichen.“ Dies sei eine langfristige Aufgabe, die vor allem ein entschiedenes Umsteuern in der Wirtschafts-, Finanz- und Handelspolitik erfordere, so Bornhorst weiter. „Armut  und Zukunftslosigkeit, die Menschen zwingen ihre Heimat zu verlassen, sind auch negative Folgen unseres Wirtschaftens.“  

 Kurzfristig müsse es vor allem darum gehen, humanitäre Hilfe in den aktuell besonders von Fluchtbewegungen betroffenen Regionen sicherzustellen. „Die Unterfinanzierung der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit ist ein Skandal“, erklärt Bornhorst. „Deutschland muss endlich sein jahrzehntealtes Versprechen einlösen und 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für globale Entwicklung einsetzen.“

 „Die Bundesregierung muss jetzt die Weichen für langfristige Verbesserungen der Lebensbedingungen in afrikanischen Staaten stellen und sich dafür auch gegenüber ihren europäischen Partnern einsetzen“, so Dr. Bernd Bornhorst. „Und sie muss Diskriminierung und Ausgrenzung von Flüchtlingen und Migranten, die inzwischen bei uns angekommen sind, entschiedener entgegen treten. Die Schutzsuchenden verdienen unsere ganze Solidarität. Sie dürfen nicht zum Spielball politsicher Auseinandersetzungen werden.“

 Lesen Sie mehr zum Thema im aktuellen Standpunkt von VENRO „Flucht und Migration – welche Rolle können humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit spielen?“ Der Standpunkt steht hier zum Download bereit.

NaturFreunde: Klagerechte im deutschen Umwelt- und Gesundheitsschutz sind unzureichend

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EuGH stärkt Rechte der Umweltschützer bei Großprojekten

Berlin, 19. Oktober 2015 – Auf die deutsche Umweltpolitik ist nach dem VW-Abgasskandal erneut ein dunkler Schatten gefallen: Bundesregierung und Bundesrat hatten die Klage- und Informationsrechte der Umweltverbände immer weiter beschnitten – unter anderem mit der Absicht, Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten beim Bau von Kohlekraftwerken klein zu halten. Die EU-Kommission verklagte daraufhin die Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) und bekam letzte Woche Recht. Das EuGH-Urteil kommentiert Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands:

 Die Trickserei von Bundesregierung und Bundesrat im Umgang mit Informations- und Klagerechten im Umweltbereich ist zum Bumerang geworden. Denn letzte Woche hat der EuGH in Luxemburg die Rechte der Umweltschützer im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Großprojekten gestärkt. Wahrscheinlich Mitte November wird ein weiteres Urteil gegen Deutschland erwartetet; dann wird auch das Umweltrechtsbeihilfegesetz weitreichend nachgebessert werden müssen.

Deutschland verstößt gegen zwei Umweltrichtlinien

Der EuGH hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen zwei Richtlinien verstoßen hat. Der Gesetzgeber muss den Umweltverbänden insbesondere die Rechte einräumen, die in der Richtlinie zur Europäischen Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen sind. Derartige Prüfungen wurden in Deutschland durch Verfahrensvorschriften eingeschränkt – unter anderem durch eine Umkehrung der Beweispflicht bei Fehlern, dass ohne diese Fehler die Umweltverträglichkeitsprüfung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre sowie durch Präklusionsklauseln, wodurch neue Erkenntnisse nicht ins Klageverfahren eingeführt werden dürfen. Damit wurden aus Sicht der europäischen Richter die Rechte der Kläger unrechtmäßig eingeschränkt. Und Mitte November werden die Richter in Luxemburg die Bundesrepublik vermutlich rügen, dass die Klagerechte der Umweltverbände unzureichend sind.

Umweltschutzrechte nach der Aarhus-Konvention

Es ist ein Trauerspiel, wie Deutschland mit den Rechten im Umweltschutz nach der Aarhus-Konvention umgeht. Dieses am 30. Oktober 2001 in Kraft getretene Übereinkommen regelt den Zugang zu Umweltinformationen (Art. 4), die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren (Art. 6–8) und die Klagerechte (Art. 9). Doch in Deutschland wurde im Rechtsbehelfsgesetz bei den Klagerechten aus einem „oder“ ein kumulatives „und“ gemacht, wodurch die Klagemöglichkeiten sachlich ungerechtfertigt und wahrscheinlich auch unrechtmäßig eingeschränkt wurden.

Kohlekraftwerke, Frankfurter Flughafen, Stuttgart 21

Dadurch sollten Umweltverbände nur sehr begrenzt gegen die Kohlekraftwerke in NRW klagen können. Auch gegen andere Großprojekte wie die Erweiterung des Frankfurter Flughafens oder Stuttgart 21 waren die Klagerechte so geschwächt worden.

Die lauten Töne aus dem „Umweltmusterland Deutschland“ waren leider wieder einmal unangebracht. Es passt nicht zusammen, international die angebliche Umweltfreundlichkeit herauszustellen, aber zu Hause die wichtigste Hausaufgabe nicht zu machen: Rechtsverfahren auf Augenhöhe, die der Natur und den betroffenen Menschen die Klagerechte einräumen, die zum Schutz von Mensch und Natur längst überfällig sind.

Deutscher Kulturrat: TTIP soll Buchpreisbindung nicht zerstören

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Pressemitteilung

Deutscher Kulturrat fordert, dass der Schutz auf den gesamten Kultur- und Medienbereich ausgedehnt wird

Berlin, den 29.09.2015. Die deutsche Buchpreisbindungsoll trotz des geplanten Freihandelsabkommens mit den USA erhaltenbleiben. Wie der Börsenverein der Deutschen Buchhandels heute Nachmittag mitteilte, hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström das in einem Brief an den Börsenverein offiziell versichert.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Sehr gut, die deutsche Buchpreisbindung soll vor TTIP geschützt werden. Wir erwarten, dass der Schutz auf den gesamten Kultur- undMedienbereich ausgedehnt wird. Es geht um den Schutz der mitöffentlichen Mitteln finanzierten Kultureinrichtungen, um die weitereExistenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und um die Vielfalt derkleinen kulturwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland, die einemungebremsten Konkurrenzdruck durch die amerikanischen Medienmultis nurwenig entgegenzusetzen haben. Und es geht um den Erhalt desurheberfreundlichen Urheberrechts. Und es geht nicht nur um Kultur,sondern auch um Demokratie, Umwelt- und Arbeitsrechtsstandards und einen gerechten Welthandel.“

Europäische Bürgerinitiative „Stop TTIP“: Auch Griechenland erreicht Quorum

ttip wegkicken

Eine Erfolgsmeldung von der EBI: fast über Nacht hat Griechenland das Quorum der EBI geschafft. Damit liegen 21 EU-Länder über dem Quorum, also drei Viertel aller Mitgliedsstaaten.

Das Unglaubliche an der Geschichte: Am 23.September gab es aus Griechenland erst 6300 Unterschriften (= 40%)
Jetzt gerade sind es schon 19081 (= 121%).

Gratulation an die Sammelnden in Griechenland!

Breites Bündnis aus Bayern fordert: „TTIP und CETA stoppen! – Für einen gerechten Welthandel!“

Pressebild Stop TTIP

Pressemitteilung, 22.September 2015

Aufruf zur Großdemonstration am 10. Oktober in Berlin

Ein breites Bündnis aus Bayern, bestehend aus Gewerkschaften, Umweltorganisationen, Nord-Süd-Initiativen, kirchlichen Organisationen und Bürgerrechtsorganisationen, hat heute in München zur Teilnahme an einer bundesweiten Großdemonstration am 10. Oktober in Berlin gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA aufgerufen. Auch Parteien und Ju-gendorganisationen der Parteien unterstützen den Aufruf unter dem Motto „TTIP und CETA stoppen! – Für einen gerechten Welthandel!“.

Auf dem Münchner Marienplatz haben Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen vor einer großen Plakatwand mit dem Logo der Großdemonstration die Gründe für ihre Ableh-nung der Freihandelsabkommen erläutert. Das Bündnis tritt gemeinsam für eine Handels- und Investitionspolitik ein, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert.

Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern: „Die Gewerkschaften treten für einen fairen Welthandel und eine gerechte Globalisierung ein. Wir wollen eine Verbesserung von Arbeitnehmerrechten und Sozialstandards, damit die Beschäftigten vom Wachstum der Weltwirtschaft profitieren. Deshalb ist es falsch, wenn TTIP und CETA nur auf Wettbewerb und Deregulierung setzen. Mit diesen Freihandelsabkommen sollen Mitbestimmungsrechte ausgehöhlt und der Arbeitsschutz geschleift werden. Das wollen wir verhindern.“

Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern e.V.: „Aktuell liegt der Vertragstext für CETA in englischer Sprache vor, aus dem hervorgeht, dass Ge-nehmigungsverfahren für Biotechnologien gefördert werden sollen. Wir erwarten von der CSU und der SPD, dass es bei einer klaren Ablehnung des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen bleibt. Nach dem jetzigen Entwurf von CETA droht die Gentechnik durch die Hintertür auf unsere Äcker zu gelangen. Deshalb fordern wir gerade die CSU auf, CETA nicht zu ratifizieren und die TTIP Verhandlungen abzubrechen. Mit einem großen zivilgesell-schaftlichen Bündnis fahren wir am 10.10.2015 zur Großdemonstration nach Berlin, um die errungenen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards zu verteidigen.“

Horst Bokelmann, Vorsitzender Aufsichtsrat Kartoffelkombinat eG: „Das Kartoffelkom-binat beteiligt sich an der Demonstration, weil TTIP die Macht der großen Saatgutkonzerne und die großindustrielle Landwirtschaft weiter verstärken wird. Davon sind wir auch in der Region München betroffen: Unsere Biodiversität, die bäuerliche und ökologische Landwirt-schaft sowie allgemein die Qualität unserer Lebensmittel wird darunter leiden.“

Zur Großdemonstration am 10. Oktober in Berlin werden auch Tausende Menschen aus Bayern erwartet. Ab München wird ein Sonderzug über Landshut, Regensburg und Nürnberg nach Berlin fahren. Mehr als die Hälfte der 800 Fahrkarten sind bereits vergeben. Daneben werden Busse aus zahlreichen Orten in Bayern organisiert. Der DGB bietet kostenlose Bus-fahrten für Gewerkschaftsmitglieder an.

An der Aktion beteiligte Organisationen:
• DGB Bayern mit seinen Mitgliedsgewerkschaften
• Der Paritätische Bayern
• Umweltinstitut München
• Bündnis Stop TTIP München
• BUND Naturschutz in Bayern
• Commit to Partnership
• Mehr Demokratie Bayern
• NaturFreunde Bayern
• KAB
• Kartoffelkombinat
• Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV)
• Jugendorganisation BUND Naturschutz
• Attac München
• Action Freedom

Unterstützende Parteien und Partei-Jugendorganisationen:
• Bündnis 90/Die Grünen Bayern
• Die LINKE. Bayern
• Grüne Jugend Bayern
• Jusos Bayern
• ÖDP