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Von planlos bis bedenkenlos – der Umgang bayerischer Behörden mit Corona in Flüchtlingsunterkünften ist vielerorts haarsträubend

flüchtlingsrat bayern

Die bayerische Regierung und der Ministerpräsident genießen gerade eine hohe Reputation, was den Umgang mit der Corona-Krise betrifft. Überall ist es entweder organisiert, oder da, wo es das nicht ist, spürt man zumindest den Willen, mit Widrigkeiten fertig zu werden. Wenn man sich die Situation in Flüchtlingsunterkünften anschaut, dann bröckelt dieser Eindruck schnell. Das heißt: an manchen Orten klappt es gut, erleben wir kompetente Behörden, wo offenkundig die Mitarbeiter*innen auch mitdenken. Anderswo aber fragt man sich: was passiert hier?

Der Virus bedroht alle gleich?

Grundsätzlich ist die Enge und das Fehlen von Rückzugsräumen in Flüchtlingsunterkünften eine Einladung an den Corona-Virus. Der Innenminister spricht davon, man wolle die Bewohnerdichte „entzerren“. Das, so der Eindruck des Bayerischen Flüchtlingsrats, findet an manchen Orten statt, an anderen hingegen nicht. In Ankerzentren, meist alten Kasernen, gibt es gerade ausreichend Platz. In vielen Gemeinschaftsunterkünften hingegen gibt es kein freies Bett mehr. Das ist fatal, wenn es die ersten Infektionsfälle gibt. Flüchtlinge zählen nicht zu denen, wo besonders viele Infektionen zu verzeichnen sind. Gibt es aber Infektionsfälle, dann wird eine Flüchtlingsunterkunft oft zu einem richtig gefährlichen Ort – für die, die drin leben müssen.

Durchseuchung in der Unterkunft? Plan oder verplant?

Ergoldsbach bei Landshut: von 15 Bewohnern wurden 4 Corona-positiv getestet. Die gesamte Unterkunft steht nun unter Quarantäne. Die Positiv Getesteten sind anscheinend bisher ohne schwerere Krankheitssymptome, benützen aber weiterhin die gleichen Küchen, Toiletten und Gemeinschaftsräume wie die (noch) nicht Infizierten. Ergoldsbach ist kein Einzelfall. Im Landkreis Freising wurde, bevor es einen Infektionsfall gab, eine Unterkunft geräumt und für Quarantänefälle zur Verfügung gestellt. Soviel Voraussicht hat nicht jeder Landrat. An vielen Orten wird, wenn Infizierte festgestellt werden, die Unterkunft komplett unter Quarantäne gestellt. Diejenigen, die noch nicht infiziert sind, sind es so vermutlich nicht mehr lange. Ist diese „Durchseuchung“ nun geplant oder nur Ergebnis von Planlosigkeit? Wenn wenigstens Risikopersonen vorher identifiziert und herausgeholt werden würden. Aber selbst das passiert nicht, oder nicht immer.

Wer besorgt ein Thermometer? Die Behörde scheitert gern an Kleinigkeiten

Übel schließlich auch: es gibt in vielen Unterkünften keinen Seifenspender, keine Papierhandtücher, und auch keine Thermometer. Wenn eine Unterkunft unter Quarantäne gestellt wird, wie sollen die Bewohner*innen dann Fieber messen? Die Behörden zucken da meist mit den Achseln.

Informationen gesucht!

Wir stellen fest: an manchen Orten klappts, an anderen Orten klappt rein gar nichts. Und von vielen Orten wissen wir nicht, was dort passiert. Deshalb hier noch mal der Aufruf:

Bitte berichten Sie uns, wie bei Ihnen die Behörden mit Infektionsfällen umgehen. Wie werden Flüchtlinge auf mögliche Infektionen vorbereitet, haben die Behörden einen Plan, Ausweichquartiere, kennen sie die Risikopersonen und werden diese gesondert untergebracht? Schreiben Sie uns auch gute Beispiele, wo es klappt, wo auch die Ehrenamtlichen in die Bresche springen, wenn es um Schulmaterialien geht oder um Seifenspender. Je mehr gute Informationen wir zu verschiedenen Orten haben, desto präziser können wir hier die Behörden entweder kritisieren oder aber auf die Umstände hinweisen.

Infos bitte an kontakt@fluechtlingsrat-bayern.de

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Zum Tag der Arbeit: Arbeitsrechte und Grundrechte für Flüchtlinge gehören zusammen. Deshalb fordern wir als Menschenrechtsaktivist*innen: Grundrechte für alle!

Das Recht zu arbeiten und damit am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben ist ein Menschenrecht. Trotzdem gibt es immer noch viele Flüchtlinge in Deutschland, die nicht arbeiten dürfen. Wir sehen einen Zusammenhang zu anderen Bereichen, in denen Flüchtlingen Grundrechte vorenthalten werden.

 

Arbeitsverbote sind Teil des unfairen Asyl- und Aufenthaltsrechts, das Flüchtlinge systematisch ausgrenzt und entrechtet. Das deutsche Asylrechtssystem sortiert Geflüchtete in unterschiedliche Kategorien von Asylbewerbern, anerkannten Flüchtlingen, Geflüchtete mit subsidiärem Schutz, abgelehnte Asylbewerber, Geduldete etc. Mit diesen unterschiedlichen Kategorien sind unterschiedliche Rechte verbunden. Diese Kategorien lehnen wir ab. Wir sagen: Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, haben alle das Recht auf Schutz, sie sind alle Flüchtlinge.

Die meisten Flüchtlinge dürfen und sollen mittlerweile arbeiten. Ihnen werden andere Grundrechte vorenthalten. Das Recht auf ein Familienleben zum Beispiel: Zur Zeit wird in der Bundesregierung über einen Gesetzentwurf für das »Familiennachzugsneuregelungsgesetz« (FzNeuG).  verhandelt.

Das Gesetz soll Kriterien festlegen, nach denen aus rund 60 000 Familienangehörigen von subsidiär geschützten Geflüchteten  die 12 000 pro Jahr ausgewählt werden, die als „humanitäre Fälle“ einreisen dürfen. Dafür kann es keine faire Kriterien geben.Die Familien von subsidiär geschützten Geflüchteten leben in Kriegsgebieten oder unter menschenunwürdigen Bedingungen in Übergangslagern oder auf der Straße. Ob in Syrien, im Libanon, in der Türkei oder in Jordanien – ein normales Leben ist nirgendwo für sie möglich. Wer von ihnen soll kein „Humanitärer Fall“ sein?

Dieses Gesetz soll uns spalten, indem es Visaverfahren zu einem Wettbewerb macht. Wir werden alle in Konkurrenz zueinander gesetzt und unsere Familienangehörigen müssen gegeneinander um einen Platz unter den 1000 pro Monat kämpfen.

Wir wollen nicht gegeneinander kämpfen, denn wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir sagen: 1000 pro Monat reicht nicht!

Grundrechte dürfen nicht von Quoten abhängen!

Wir planen am 15.05.2018, dem internationalen Tag der Familien, eine Protestaktion in Berlin. Ihr seid alle herzlich eingeladen, uns zu unterstützen! Kommt zahlreich!

Vorbereitungstreffen:
Sonntag, den 13. Mai um 13 Uhr

aquarium,  Skalitzer Str. 6, 10999 Berlin

Save the Date:
Aktion in Berlin 15.05.2018, ab 16:00,

Ort wird noch bekannt gegeben.

Über uns:

In der Initiative ‚Familienleben für Alle!‘ engagieren sich Menschen mit und ohne Fluchthintergrund für den Familiennachzug von subsidiäre Geschützten, weil sie davon überzeugt sind, dass im internationalen Recht und in der deutschen Verfassung verankerte Grundrechte für Alle gelten müssen.
Wir freuen uns sehr über neue Mitstreiter*innen.

Initiative ‚Familienleben für Alle!‘

http://familienlebenfueralle.blogsport.eu
familienlebenfueralle@gmail.com
https://twitter.com/familie_alle

Erneute Sammelabschiebung nach Afghanistan voraussichtlich am 26.03.2018 von Halle/ Leipzig

flüchtlingsrat bayern

ACHTUNG: Erneute Sammelabschiebung nach Afghanistan voraussichtlich am 26.03.2018 vom Flughafen Halle/ Leipzig

Wir haben Hinweise, dass der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan voraussichtlich am Montag, den 26.03.2018 vom Flughafen Halle/ Leipzig starten wird. Außerhalb Bayerns sind in der Regel nur Straftäter betroffen. In Bayern vor allem Personen, die a) rechtskräftig abgelehnt worden sind und b) entweder Straftaten begangen haben, trotz Aufforderung keine Tazkira vorlegen können oder als Gefährder eingestuft wurden.

Hier finden Sie Links zu Hinweisen welche Personen grundsätzlich gefährdet sind sowie welche Personen NICHT gefährdet sind. Vieles ist auch in Dari oder Englisch übersetzt.

Warnhinweise (deutsch)
Warnhinweise (dari)
Was tun bei einer Abschiebungsandrohung (deutsch)
Was tun bei einer Abschiebungsandrohung (farsi)
Informationen gegen die Angst
Allgemeine Informationen zu Abschiebungen nach Afghanistan

 

Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) bereitet derzeit neue Richtlinien zum Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender vor. Seit Veröffentlichung der vorherigen Guidelines im April 2016 habe sich „die Sicherheitslage in dem Land  stark verschlechtert“. 2017 seien in Afghanistan bei Anschlägen und Gefechten 3.438 Zivilisten getötet und 7.015 Zivilisten verletzt worden, 16 Prozent davon in der bisher als sichere innerstaatliche Fluchtalternative gehandelten Hauptstadt Kabul. In den Jahren 2016 und 2017 sei Kabul für Zivilisten zur zweitgefährlichsten Region im Land geworden.

Eine ausführliche Zusammenstellung mit Einschätzungen der Sicherheitslage in Afghanistan finden Sie hier >>>

Dennoch weigert sich die Bundesregierung weiterhin, die schlechte Sicherheitslage zu benennen. Wir fordern weiterhin einen sofortigen Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan!
Mehr Informationen zu Abschiebungen nach Afghanistan finden Sie hier >>>

Gegen die geplante Abschiebung wird es bayernweit Proteste geben. Informiert euch dazu auf unserer Homepage.

AUFRUF ZUR BAYERNWEITEN DEMO AM SAMSTAG, 24. JUNI 2017 IN MÜNCHEN

flüchtlingsrat bayern

Am 24.06.2017 ruft ein breites Bündnis zu einer bayernweiten Demo gegen Arbeits- und Ausbildungsverbote und Abschiebungen auf!

Seit der Ankunft vieler Flüchtlinge im Sommer 2015 sind Viele in Bewegung geraten. Mit großem Engagement traten Tausende ehrenamtliche Flüchtlingshelfer*innen für eine großartige Willkommenskultur ein. Nun stehen Geflüchtete und Unterstützer*innen vor einem Scherbenhaufen. Trotz großen Bemühens beim Deutscherwerb, bei der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen wird diese Arbeit von zuständigen Behörden, von der bayerischen Staatsregierung und der Bundesregierung unterlaufen. Über 100 afghanische Männer wurden in den letzten Monaten von Deutschland nach Kabul abgeschoben. Viele der Betroffenen arbeiteten jahrelang hier und waren bestens integriert; einige standen kurz vor ihrer Hochzeit. Andere wurden abgeschoben, obwohl sie schwer krank sind. Die Zahl derer, die von Abschiebung bedroht sind, ist um ein Vielfaches höher. Flüchtlinge mit sogenannter „geringer Bleibeperspektive“, viele aus Afghanistan, bekommen Arbeitsverbote, sie dürfen nicht in Ausbildung, häufig gibt es nicht einmal einen Deutschkurs oder ein Praktikum.

Die Bedrohung durch Abschiebungen und Arbeitsverbote wirken wie ein Fallbeil gegen das Bemühen um Integration. Es verurteilt die Betroffenen zum Nichtstun und treibt viele in eine psychische Ausnahmesituation. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle Haupt- und Ehrenamtlichen, für Schulen und Betriebe. Und es hat eine enorme Vergeudung von Steuergeldern zur Folge. In Petitionen, unzähligen Briefen und vielfältigen Protestaktionen in ganz Bayern wurde diese menschenverachtende Ausgrenzungspolitik angeklagt und kritisiert.
Wir sagen: Es reicht! So kann es nicht weitergehen. Es muss sich endlich etwas bewegen. Integration darf nicht bestraft werden. Wer einen Ausbildungsvertrag bekommt, soll eine Ausbildung machen dürfen. Wer eine Arbeit gefunden hat, soll diese antreten und behalten dürfen.
Wir wehren uns auch gegen die Spaltung von Flüchtlingen entlang einer „besseren“ oder „schlechteren“ Bleibeperspektive und wenden uns gegen diese menschenverachtende Politik. Wenn sich die Regierung nicht bewegt, müssen wir uns bewegen!

Obwohl letzten Monat die Abschiebungen nach Afghanistan erst ein Mal ausgesetzt wurden, findet am 28.06.2017 der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan statt. Potentiell betroffen sind alleinstehende Männer, die straftätig geworden sind und deren Asylverfahren rechtskräftig negativ beschieden wurde. Weitere Informationen finden Sie hier >>>

 

Also Kommt alle – Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, Geflüchtete, Lehrerinnen und Lehrer, Engagierte aus Initiativen, Menschenrechtsorganisationen, Verbänden und Parteien. Unser Protest muss laut und kraftvoll sein!

Den Aufruf finden Sie in mehreren Sprachen im Anhang sowie hier auf der Homepage.

WANN: 24.06.2017

WO: Auftakt Marienplatz 13:00 h

Bayernweite Kundgebungen gegen die erneute Sammelabschiebung nach Afghanistan

flüchtlingsrat bayern

Am Mittwoch, 31.05.2017 findet die mittlerweile 6. Sammelabschiebung nach Afghanistan statt. Auch diesmal startet der Flieger vom Münchner Flughafen. Wir wollen und können das nicht hinnehmen. Die humanitäre Situation in Afghanistan ist nach wie vor katastrophal!

Die Bundesregierung und auch die bayerische Staatsregierung halten aber weiterhin an ihrer menschenverachtenden Politik fest und führen weitere Sammelabschiebungen nach Afghanistan durch. Im letzten halben Jahr wurden bereits insgesamt 106 Menschen nach Afghanistan abgeschoben.

Trotz der Tatsachen, dass in Afghanistan Krieg herrscht, dass monatlich zahlreiche Zivilist*innen bei Bombenanschläge sterben und dass sich die Situation in der vergangenen Zeit im ganzem Lande wieder dramatisch verschlechtert hat, verweisen die politisch Verantwortlichen der deutschen Abschiebepolitik auf vermeintlich „sichere“ Gebiete in Afghanistan und auf angebliche „innerstaatliche Fluchtalternativen“.

Doch Afghanistan ist auch und vor allem für abgeschobene Geflüchtete nirgendwo sicher! Und bereits jetzt gibt es mehr als eine Millionen Binnenflüchtlinge in Afghanistan, die unzureichend oder gar nicht versorgt und geschützt werden können!

Deshalb solidarisiert euch mit afghanischen Geflüchteten und kommt zu einer der Demos in Bayern:

Kundgebung Nürnberg
Weißer Turm /Ludwigsplatz
Montag, 29.05.17, 17.00 Uhr

 

Kundgebung Bamberg (wöchentlich stattfindend)

Am Gebelmann

Montag, 29.05.2017, 18.00 Uhr

 

Kundgebung München (wöchentlich stattfindend)

Odeonsplatz

Dienstag, 30.05.2017, 18.00 Uhr

 

Kundgebung München (am Tag der Sammelabschiebung)
Flughafen München, MAC-Forum
Mittwoch, 31.05.2017, 19.00 Uhr

Kommt und unterstützt die Proteste!
Afghanistan is not safe! – keine Abschiebungen nach Afghanistan!
Auf unserer Homepage findet ihr aktualisierte Warnhinweise und Informationen, informiert euch und mögliche Betroffene >>>

15-Punkte-Plan zur schnelleren Abschiebung: BumF warnt vor Dauerkasernierung und Desintegration von Flüchtlingskindern.

BuMF

Pressemitteilung als PDF-Datei

 

Am letzten Donnerstag, den 9. Februar 2017, haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Großteil der Ministerpräsidenten der Länder auf einen 15-Punkte-Plan zur „schnelleren Abschiebung“ verständigt.

Der Bundesfachverband umF (BumF) sieht unter anderem die Pläne zur Ausweitung der Pflicht in (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen zu verbleiben, von der auch begleitete Kinder und Jugendliche nicht ausgenommen sind, mit großer Sorge. Bereits jetzt, werden viele Minderjährige in diesen Einrichtungen vom Regelschul- und Kitabesuch, kommunaler Teilhabe und kindgerechter Versorgung ausgeschlossen.

Vorgesehen ist eine „gesetzliche Ermächtigung der Länder, die Befristung der Verpflichtung für Asylsuchende ohne Bleibeperspektive, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, zu verlängern. […] Wer keine Bleibeperspektive hat, sollte möglichst nicht dezentral in Kommunen untergebracht werden“. Zudem soll die Rückkehrbereitschaft vollziehbar Ausreisepflichtiger „z.B. durch Unterbringung in zentralen Ausreiseeinrichtungen“ gefördert werden.

Die Annahme, dass Familien „ohne Bleibeperspektive“ hierdurch zügig wieder ausreisen oder abgeschoben werden, geht dabei an der Realität vorbei, da in dem Beschluss zeitliche Obergrenzen der Unterbringung fehlen. Stattdessen droht ein erheblicher Teil lange oder auf Dauer in Aufnahme- und Ausreiseeinrichtungen leben zu müssen.

Der Maßnahmenplan hebt den letzten Rest an Willkommenskultur, den die Asylpakete noch übriggelassen hatten, auf“, erklärt Tobias Klaus vom BumF, „Es drohen große Sondereinrichtungen der Verzweifelten und Ausgegrenzten zu entstehen, in denen Entrechtung, Armut, Enge und Angst eine Kindeswohlgefährdung darstellen und der Regelschulbesuch verwehrt wird – wie wir es bereits aus den sogenannten ‚Balkan-Sonderlager‘ kennen“.

Werden Kinder und Jugendliche in Erstaufnahme- und Ausreiseeinrichtungen untergebracht, statt auf die Kommunen verteilt, sind sie in den meisten Bundesländern nicht schulpflichtig. Darüber hinaus unterliegen die Minderjährigen dort einem Ausbildungsverbot, erhalten vorrangig Sachleistungen und dürfen den Landkreis nicht ohne Genehmigung verlassen. Das Vorhaben verstößt damit nicht nur gegen Art. 28 und Art. 29 der UN Kinderrechtskonvention, sondern widerspricht auch dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG.

Durch die ebenfalls vorgesehene Abschaffung der einmonatigen Widerrufsfrist bei langjährig Geduldeten wird auch über die Sondereinrichtungen hinaus ein Klima der Angst gefördert, da hierdurch in noch mehr Fällen als bisher eine unangekündigte Abschiebung erfolgen würde.

Der BumF begrüßt zwar, dass der Beschluss klarstellt, dass die Jugendämter in „geeigneten“ Fällen, aktuell etwa bei Syrern und Eritreern, umgehend Asylanträge für unbegleitete Minderjährige stellen dürfen und sollen. Dies darf jedoch nicht zu einer pauschalen Pflicht zur Asylantragsstellung führen. Vielmehr muss klargestellt werden, dass die jeweilige Eignung geprüft werden muss. Hierfür sind ein fachlich fundiertes Clearingverfahren unter Beteiligung des Minderjährigen sowie entsprechend qualifizierte Jugendämter und Fachkräfte die Grundvoraussetzung.

Flüchtlingsrat Berlin: Flüchtlinge in Berlin menschenwürdig unterbringen und versorgen!

Flüchtlingsrat BER

Pressemitteilung vom 25. Februar 2015

 

Spätestens seit November 2014 befinden sich die Standards der Unterbringung und Versorgung Asylsuchender in Berlin im freien Sinkflug: Container, Tragluft- und Turnhallen, und gänzlich obdachlos gelassene Asylsuchende. Der Flüchtlingsrat hat in den letzten Wochen die neuen Notunterkünfte besucht und mit zahlreichen Asylsuchenden, Beratungsstellen und Initiativen gesprochen. Wir ziehen Bilanz:

Unterbringung

Aktuell werden in Berlin von 62 Unterkünften für Asylsuchende 22 als „Notunterkünfte“ deklariert und unter Nichteinhaltung der geltenden Mindeststandards belegt, darunter Schulen, Bürogebäude, zwei Traglufthallen und sieben Turnhallen.

In den Hallen fehlt es am Allernötigsten. Bis zu 200 Menschen sind gemeinsam in einem Raum untergebracht, in manchen Hallen stehen Feldbetten ohne jeden Sichtschutz dicht an dicht. Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten gibt es nicht. Es fehlen Möglichkeiten Wäsche zu waschen und zu trocknen, es gibt oft keine Waschmaschinen. Schränke zur Aufbewahrung von Wertgegenständen, Kleidung und anderen persönlichen Gegenständen fehlen. Nur in den Traglufthallen und in einer Turnhalle wurden Schließfächer aufgestellt. Die Menschen sind in den Hallen anders als von Sozialsenator Czaja angekündigt nicht nur für wenige Tage, sondern häufig bereits seit Eröffnung der Notunterkunft, oft über Wochen und Monate untergebracht.

Bei seinen Besuchen in den Notunterkünften hat der Flüchtlingsrat festgestellt, dass auch besonders schutzbedürftige Asylsuchende unterschiedslos in Turnhallen eingewiesen werden. Darunter auf den ersten Blick erkennbar Schutzbedürftige wie Hochschwangere, Erwachsene mit Rollator, Familien mit Säuglingen, sowie Asylsuchende mit Attest wie z.B. Traumatisierte, ein epilepsiekrankes Kind oder eine Frau mit Multipler Sklerose. Auch sie müssen über Wochen in den Turnhallen leben und wurden teils aus dem Krankenhaus wieder in die Turnhalle entlassen. Versuche, die Verlegung besonders Schutzbedürftiger in geeignetere Wohnheime zu erwirken, gestalten sich als überaus schwierig.

Das Betreuungspersonal in den Turnhallen ist nach dem Eindruck des Flüchtlingsrats zwar bemüht, die Versorgung sicherzustellen, kann jedoch an den grundsätzlichen Problemen in den Hallen wenig ändern. Anders als in regulären Unterkünften wird in den meisten Notunterkünften lediglich sprachkundiges, aber kein fachlich qualifizierte Personal (ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen mit Kenntnissen im Sozial- und Asylrecht) eingestellt. Zudem fehlt es meist an Arbeitsplätzen für die BetreuerInnen, es gibt in vielen Notunterkünften keine Beratungsräume, keine Computerarbeitsplätze, kein Internet.

Nach Ansicht des Flüchtlingsrats sind die Turnhallen für die Unterbringung Asylsuchender völlig ungeeignet. Durch die dichte Belegung ohne jede Privatsphäre, werden die Persönlichkeitsrechte der dort untergebrachten Menschen verletzt. Das wochenlange Schafen auf Feldbetten ohne Matratze gefährdet zudem die Gesundheit.

  • Wir fordern den Senat auf, sicherzustellen, dass niemand mehr als eine Nacht in den Hallen verbringen muss.
  • Alle Notunterkünfte müssen ausgestattet werden mit Waschmaschinen und Trocknern, Betten mit Matratzen, abschließbaren Schränken, Trennwänden, Internet und Beratungsräumen sowie PC-Arbeitsplätzen und Teeküchen für BetreuerInnen und BewohnerInnen.
  • Wir fordern die privaten und gemeinnützigen Betreiber der Notunterkünfte auf, sich gegenüber dem LAGeSo für die Einhaltung menschenwürdiger Standards einzusetzen und für den Betrieb von Unterkünften, in denen nicht ein Mindestmaß an Ausstattung und Privatsphäre gewährleistet ist, nicht zur Verfügung zu stehen. Die Zustände in den Turnhallen sind mit dem Selbstverständnis gemeinnütziger Betreiber nicht vereinbar.
  • Wir fordern den Senat auf, statt Turnhallen Ferienwohnungen und die laut Berliner Zeitung 7.000 leerstehenden Sozialwohnungen anzumieten oder zu beschlagnahmen, und auch leer stehende Bundesimmobilien zu beschlagnahmen und ggf. instand zu setzen, z.B. Kasernen, leerstehende Wohnhäuser in der Beermannstr. an der Autobahntrasse in Treptow usw.

Fehlende Versorgung und Nichteinleitung des Asylverfahrens beim LAGeSO

Aufgrund fehlender Personalausstattung der Zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende ZAA beim LAGeSo Berlin erhalten viele neu ankommende Asylsuchende derzeit nicht die ihnen gesetzlich zustehende Versorgung mit Krankenscheinen, Bargeld für den persönlichen Bedarf und den BerlinPass für ein vergünstigtes BVG-Ticket. Auch das Asylverfahren wird häufig entgegen bundesgesetzlicher Vorgaben nicht umgehend eingeleitet.

Asylsuchenden wird bei der ersten Vorsprache – so sie denn überhaupt vorgelassen werden – oft nur die Kostenübernahme für einen Platz in einer Traglufthalle oder Turnhalle ausgehändigt mit der Aufforderung, in einer Woche oder 10 Tagen erneut vorzusprechen.

In der Zwischenzeit ist die medizinische Versorgung nicht sichergestellt. Wohnheimpersonal und Ehrenamtliche improvisieren. In Dahlem hat die Kirche gespendetes Geld bei der Apotheke zur Versorgung mit Medikamenten hinterlegt, Anwohner haben die aus gegebenem Anlass erforderlich gewordene Impfung gegen Masern organisiert.

  • Wir fordern den Senat auf, die Einleitung der Asylverfahren nicht zu verzögern und die sofortige Registrierung Asylsuchender bei ihrer Erstvorsprache bei der ZAA und ihre unverzügliche Weiterleitung zur förmlichen Asylantragstellung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF sicherzustellen.
  • Wir fordern den Senat auf, entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen bei der Erstvorsprache die materielle Existenzsicherung der Asylsuchenden sicherzustellen (Barbetrag nach § 3 AsylbLG, Kleidung, Krankenscheine, Berlinpass, Unterkunft).
  • Wir fordern den Senat auf, seinen Verpflichtungen aus den einschlägigen gesetzlichen Maßgaben (AsylVfG; AsylbLG, IfSG, GDG Berlin)[1] nachzukommen und eine unverzügliche Gesundheitsuntersuchung und erforderliche Impfungen der Asylsuchenden auch im Hinblick auf deren Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften – ggf. auch durch Beauftragung niedergelassener ÄrztInnen – sicherzustellen.
  • Das LAGeSo ist räumlich und personell entsprechend arbeitsfähig

Unzumutbare Zustände bei der Asylaufnahme- und Leistungsstelle ZAA und ZLA

Um bei der Zentralen Asylaufnahmestelle ZAA (neu ankommende Asylsuchende) oder der der Zentralen Leistungsstelle ZLA (bereits registrierte Asylsuchende) des LAGeSo vorzusprechen, müssen die Geflüchteten über viele Stunden hinweg warten. Erst im Freien um beim Sicherheitsdienst eine Wartenummer zu erhalten, dann im Wartebereich bis sie aufgerufen werden.

Viele Menschen stellen sich nachts an und warten im Freien ohne Sitzgelegenheit und Wetterschutz, um noch eine Wartenummer zu erhalten. Berichten zufolge weigerte sich der Wachschutz, schwerbehinderte Menschen an Krücken auch nur zu einer Sitzgelegenheit vorzulassen.

Als Wartebereich für die ZAA wurde auf dem Gelände des LAGeSo ein Zelt aufgestellt. Das Zelt steht auf bloßer Erde, die eingeleitete Heizluft wirbelt den Bodenstaub auf, so dass viele Wartenden sich einen Mundschutz vorhalten. Es fehlen Sitzgelegenheiten und eine Abfallentsorgung. Unvorstellbar, dass es sich bei diesem überfüllten, überheizten, vermüllten und staubgeladenen Zelt ohne Fußboden um den Wartebereich einer deutschen Behörde handelt.

Der Flüchtlingsrat hat mit vielen Menschen gesprochen, die in dem Zelt bis zu 10 Stunden warten mussten, ohne schließlich bei der ZAA vorsprechen zu können. Wir sprachen mit zwei Irakern, die aus Mangel an Alternativen in dem Zelt übernachtet haben. Ein Asylsuchender aus Pakistan, der trotz stundenlangen Wartens nicht bedient wurde, berichtete uns, dass er im nahegelegenen Hauptbahnhof übernachtet hat.

Begleitpersonen der Asylsuchenden werden vom Wachschutz des LAGeSo neuerdings abgewiesen. Es gäbe eine Anweisung „von ganz oben“, Begleitpersonen nicht mehr in die Behörde zu lassen – ein klarer Verstoß gegen das in § 14 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz VwVerfG gesetzlich verbriefte Recht, jederzeit einen Beistand zu allen Behördenterminen und -vorsprachen mitzubringen. Auch MitarbeiterInnen des Flüchtlingsrats, die Asylsuchende begleiteten, wurden nicht in die Behörde gelassen.

  • Der Flüchtlingsrat fordert den Senat auf, unverzüglich für würdige Wartebedingungen beim LAGeSo zu sorgen, und dabei auch die besonderen Bedürfnisse und bevorzugte Abfertigung besonders vulnerabler Flüchtlinge zu berücksichtigen (u.a. Behinderte, Menschen mit Mobilitätseinschränkung, Schwangere, Kranke, Alte, Menschen mit Säuglingen und Kleinkindern).
  • Wir fordern den Senat auf, LAGeSo-Präsident Allert anzuweisen, seine rechtswidrige Weisung an das Sicherheitspersonal, Begleitpersonen den Zutritt zu seiner Behörde zu verwehren, sofort zurückzunehmen.
  • Wir fordern den Senat auf, durch ausreichend Personaleinsatz im LAGeSo sicherzustellen, dass Wartezeiten auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Fehlende Unterstützung bei der Wohnungssuche

Asylsuchende, geduldete und anerkannte Flüchtlinge verbleiben oft monate- und jahrelang in den Sammelunterkünften, weil sie keine Mietwohnung finden. Sozialsenator Czaja hat im Abgeordnetenhaus berichtet, dass           derzeit über 2000 anerkannte Flüchtlinge in Not- und Gemeinschaftsunterkünften des LAGeSo leben, für die leistungsrechtlich die Jobcenter zuständig sind, und die trotz ihres gesicherten Aufenthaltsstatus keine Mietwohnung finden.

VermieterInnen (besonders die städtischen Wohnungsbaugenossenschaften) setzen häufig für einen Mietabschluss einen mindestens noch ein Jahr gültigen Aufenthaltstitel voraus und weigern sich generell an Asylsuchende zu vermieten.

Die Britzer Flüchtlingsinitiative teilt in einer Pressemitteilung vom 24. Februar 2015 mit, dass Wohnungsbaugesellschaften geflüchtete Menschen mit fadenscheinigen Argumenten ablehnen, zum Beispiel weil sie mangels Sprachkenntnissen die Hausordnung nicht lesen könnten.

Städtische Wohnungsgesellschaften nehmen regelmäßig keine Bewerbungen von asylsuchenden, anerkannten und geduldeten Flüchtlingen entgegen unter dem Verweis auf das mit dem LAGeSo vereinbarte jährliche Kontingent von 275 Wohnungen für Asylsuchende.

Dieses Kontingent ist angesichts steigender Flüchtlingszahlen viel zu gering. Zudem steht es ausschließlich für Asylsuchende zur Verfügung, nicht aber für anerkannte oder geduldete Flüchtlinge.

Eine Gruppe von Kontingentflüchtlingen aus Syrien beklagt in einem offenen Brief vom 6. Januar 2015 dieses Problem. Sie bemängeln fehlende professionelle Unterstützung bei der Wohnungssuche und weisen auf die viel zu niedrigen, realitätsfernen sozialrechtlichen Mietobergrenzen hin.

Mietübernahmescheine von Amts wegen ausstellen

Mietkostenübernahmescheine zur Vorlage bei Vermietern sind notwendig, um die eigenständigen Wohnungssuche zu ermöglichen. Sie sollten Angaben enthalten zu den einschlägigen sozialrechtlichen Konditionen (zulässige Mietobergrenze, ggf. Mietwuchergrenze, Zustand der Wohnung, Kautionsübernahme, Maßgaben zu möbliertem Wohnraum, Untermiete, befristeten Verträgen etc.).

ZLA, bezirklichen Sozialämter und die Jobcenter sollten an alle in Not- oder Gemeinschaftsunterkünften untergebrachte Asylsuchende, Geduldete und anerkannte Flüchtlinge von Amts wegen auszustellen.

Mietübernahmescheine rechtsverbindlich und verständlich formulieren

Die Mietübernahmescheine der ZLA sind in vielen Punkten verbesserungsbedürftig:

  • Der verwirrende, für Flüchtlinge und Vermieter unverständliche Vorbehalt zum Kostenvergleich mit Gemeinschaftsunterkünften muss entfallen, da diese auch für Alleinstehende immer teurer als die sozialrechtlichen Mietobergrenzen sind.
  • Der Hinweis, dass Kautionen im Einzelfall geprüft werden, muss geändert werden, dass Kautionen, Genossenschaftsanteile und Maklerkosten im nach BGB zulässigen Rahmen übernommen werden.
  • Um die eigenständige Suche und Anmietung von Wohnraum zu ermöglichen, muss der Mietübernahmeschein eine rechtsverbindliche Kostenübernahme beinhalten, adressiert an den Vermieter nach Wahl.
  • Die Mietobergrenzen-Tabelle sollte nur die auf die konkrete Personenzahl zutreffenden Werte beinhalten, dann ist sie weniger verwirrend.

LAGeSo-Bürokratie verprellt Wohnungsanbieter

Bei der ZLA erfolgt inzwischen meist eine Sofortprüfung und Zustimmung zur Mietübernahme für von Asylsuchenden gefundene Mietwohnungen.

Die Genehmigung wird jedoch nur unter der Voraussetzung eines mindestens drei oder vier Wochen in der Zukunft liegenden Mietvertragsbeginns erteilt. Die ZLA begründet dies damit, dass erst drei oder vier Wochen später ein Termin möglich sei, um die Kautionsübernahme, Erstausstattung der Wohnung usw. mit dem Asylsuchenden zu klären.

Solange müsse der Vermieter die Wohnung unvermietet lassen und der Asylsuchende in der Gemeinschaftsunterkunft verbleiben. Viele Wohnungsangebote erledigen sich dadurch. Dringend benötigte Plätze in Gemeinschaftsunterkünften werden blockiert. Dabei führt die Verlängerung der Gemeinschaftsunterbringung zu erheblichen Mehrkosten für das Land.

Die ZLA verweigert die Kostenübernahme auch, wenn die Aufenthaltsgestattung nur noch zwei Monate oder weniger gültig ist. Dabei werden Aufenthaltsgestattungen regelmäßig nur für 6 Monate ausgestellt und verlängert. Die Restlaufzeit lässt daher keinerlei Rückschlüsse auf die Bleibeprognose zu.

Die Kampagne der Berliner Integrationsbeauftragten, Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten wird durch das Verhalten der ZLA konterkariert.

Wohnberechtigungsscheine auch für AsylbLG-Berechtigte

In Auslegung des § 27 Abs. 2 Wohnraumförderungsgesetz muss der Senat die Wohnungsämter anweisen, Wohnberechtigungsscheine auch an AsylbLG-Berechtigte auszugeben, wie dies auch bereits in Bremen, Köln und Potsdam der Fall ist.

Unterstützung der Wohnungssuche für alle Flüchtlingsgruppen

Der Flüchtlingsrat fordert der Unterbringung von asylsuchenden, geduldeten und anerkannten Flüchtlingen in private Mietwohnungen höchste Priorität einzuräumen und mit gezielten Maßnahmen zu fördern, u.a. durch

  • Öffentlicher Appell des Regierenden Bürgermeisters, Mietwohnungen an Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, und nachvollziehbare Veröffentlichung der hierfür maßgeblichen Konditionen.
  • Einrichtung von SozialarbeiterInnen-Stellen zur professionellen Unterstützung bei der Wohnungssuche für alle Gruppen von Flüchtlingen, auch für Geduldete, für anerkannte Flüchtlinge und für aufgenommene Kontigentflüchtlinge. Die auf Initiative des LAGeSo eingerichtete Beratungsstelle des Evangelischen Jugend-und Fürsorgewerks EJF in der Turmstr. in Moabit berät bisher ausschließlich Asylsuchende.
  • Erhebliche quantitative Ausweitung des Kontingents bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Ausweitung des bisher auf Asylsuchende beschränkten Kontingents auf alle Flüchtlingsgruppen, Einbeziehung weiterer Wohnungsgesellschaften.

Viele der Probleme bei der Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden sind hausgemacht u.a. durch zu späte Reaktion des Senats auf die steigenden Flüchtlingszahlen, durch wenig vorausschauende Planung, durch mangelnden Personaleinsatz und Festhalten an bürokratischen Vorgehensweisen, und Ignoranz gegenüber den mehrfach vom Flüchtlingsrat und anderen Organisationen/Initiativen vorgetragenen Vorschlägen zur Erleichterung der Wohnungssuche und besseren medizinischen Versorgung.

 

Einführung einer Gesundheitskarte

Die Einführung einer Gesundheitskarte für Asylsuchende nach Bremer und Hamburger Vorbild könnte wesentlich zur Entlastung der Leistungsstelle und des medizinischen Dienstes beim LAGeSo beitragen.

Zahlreiche Dienstleistungen, die in Berlin bisher das LAGeSo und die Bezirkssozialämter im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung, der Ausgabe von Papierkrankenscheinen und der Prüfung von Krankenhausbehandlungen, ärztlichen Verordnungen usw. nach dem AsylbLG erbringen, könnten durch die Einführung einer Gesundheitskarte entfallen bzw. an die nach § 264 Abs. 1 SGB V beauftragte Krankenkasse übertragen werden.

Wie die in Hamburg vorgenommene Evaluation zeigt, würde eine solche Vereinbarung dazu beitragen, Personalkosten bei der Sozialverwaltung einzusparen, die Abrechnung durch EDV-basierte Verfahren für die Leistungserbringer zu vereinfachen, bestehende Unklarheiten beim Leistungsspektrum nach §§ 4 und 6 AsylbLG zu beseitigen, für die Asylsuchenden den Zugang zu Behandlung zu erleichtern und ohne Mehrkosten den Leistungsumfang weitgehend an das Niveau der Gesetzlichen Krankenversicherung anzugleichen.

  • Wir fordern den Berliner Senat auf, unverzüglich nach Bremer und Hamburger Vorbild mit der AOK oder einer anderen Krankenkasse eine Vereinbarung über die Einführung einer Krankenversichertenkarte nach AsylbLG abzuschließen.

 

Weitere Infos können Sie der Pressemappe zu unserem Pressegespräch vom 25. Februar 2015 entnehmen: www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/PM_Notunterkunft.pdf

 

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030-243445762, buero@fluechtlingsrat-berlin.de

Flüchtlingsrat Brandenburg: Rot-rote Landesregierung macht Law-and-Order-Beamten zum Innenminister

Flüchtlingsrat Brandenburgseit wenigen Tagen ist der ehemalige Landrat aus Oberhavel Karl-Heinz Schröter brandenburger Inneniminister, und somit auch für asylpolitische Fragen im Land zuständig. Was qualifiziert Herrn Schröter für die neue Aufgabe in einer flüchtlingspolitisch äußerst herausfordernden Situation? Wir geben einen Überblick über einige der von ihm zu verantwortenden flüchtlingspolitischen Entscheidungen.

Karl-Heinz Schröter (SPD) war 20 Jahre Landrat des Landkreises Oberhavel, jetzt wurde er mit den Stimmen der Linken zum Innenminister ernannt. In den Medien wird Schröter anerkennend als “harter Hund” bezeichnet, er selbst verschanzt sich hinter Aussagen wie etwa, die “Rechtstreue” sei sein oberstes Gebot. Hinter dieser inszenierten Fassade soll schnell verschwinden, dass Schröter in den 20 Jahren seiner Amtszeit als Landrat eine Katastrophe für die ihm ausgelieferten Flüchtlinge war – wobei seine Politik von rassistischer Stigmatisierung geflüchteter Menschen und stursinnigem, hartem Durchgreifen bis hin zu wiederholten Rechtsbrüchen geprägt war.

Die Liste kruder und widerrechtlicher Maßnahmen des ehemaligen Landrats und seiner Verwaltung gegen Flüchtlinge ist lang und geht weit über das Festhalten am diskriminierenden Gutscheinsystem hinaus. Eine beispielhafte, kurze Auswahl einschlägiger Meldungen aus seinem bisherigen Schaffen:

6. Januar 2003 in Schwante, Oberhavel: Schröters Verwaltung schickt während eines laufenden Kirchenasyls die Polizei in das Gemeindehaus. Einem vietnamesischen Vater und seinem Sohn wurde dort Schutz vor Familientrennung und Abschiebung gewährt. Es ist der brandenburgweit erste und einzige Bruch des Kirchenasyls.

27. November 2008: bei dem Besuch eines bosnischen Flüchtlings in der Ausländerbehörde Oranienburg werden dem kranken und schwer traumatisierten Kriegsflüchtling die Duldung und seine Papiere abgenommen. Herr S., der seit sechs Jahren in Deuschland lebte, gerät in Panik, er befürchtet abgeschoben zu werden und äußert sich umbringen zu wollen. Die Behördenmitarbeiter lenken nicht ein und verhöhnen ihn sogar. Herr S. übergießt sich daraufhin vor der Behörde mit Benzin und will sich anzünden. Dies konnte verhindert werden.

26. Juli 2011: Die von Schröters Verwaltung geplante Abschiebung eines Menschen, der zuvor einen Suizidversuch unternommen hatte, aus der Psychiatrie heraus kann knapp verhindert werden. Gerichtlich wird im nachinein festgestellt: Die Abschiebehaftanordnung war rechtswidrig.

Dabei handelt es sich keineswegs um Ausnahmen oder Fehltritte einzelner MitarbeiterInnen seiner Verwaltung. Dienstaufsichtsbeschwerden verliefen regelmäßig im Sand oder wurden mit zynischen Schreiben beantwortet. Symptomatisch war eine Dienstaufsichtsbeschwerde im November 2011 gegen die widerrechtliche Praxis der Ausländerbehörde, zu Terminen in der Ausländerbehörde keine Begleitung zuzulassen. Damals intervenierte das brandenburgische Innenministerium selbst mit einem Brief an den damaligen Landrat Schröter, war aber sonst machtlos, da die Dienstaufsicht beim Landrat endet. Wenige Jahre später steht nun der ehemalige Landrat eben diesem Innenminsterium vor.

Der „Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus”, den der Flüchtlingsrat Brandenburg seit 1997 jährlich am internationalen Tag gegen Rassismus verleiht, ging während Schröters Amtszeit gleich drei Mal nach Oberhavel: 1997 wegen seiner haarsträubenden, rassistisch begründeten Ablehnung der Teilnahme am “Forum gegen rechte Gewalt”, 2003 für seine inhumane Abschiebungspolitik und 2012 für das dogmatische Festhalten am diskrimierenden Gutscheinsystem, selbst gegen zwei anderslautende Kreistagsbeschlüsse des eigenen Kreistags.

Es ist unerheblich, aus welchen machtpolitischen Erwägungen die Ernennung von Schröter zum Innenminister erfolgte. Mit der Ernennung dieses Law-and-Order-Politikers zum Inneminister und damit zum Veranwortlichen auch für Asylangelegenheiten setzt die rot-rote Koalition ein deutliches Zeichen der Abschottung gegen schutzsuchende Flüchtlinge. Ein Hardliner, der dogmatisch und um jeden Preis an der Stigmatisierung und Ausschluss von Flüchtlingen festhielt und dafür mehrfach gerichtlich gerügt wurde, soll nun angesichts der steigenden Zahl neu ankommender, schutzbedürftiger und oftmals traumatisierter Flüchtlinge für eine menschenwürdige, an Integration orientierte rot-rote Aufnahmepolitik in Brandenburg stehen. Mit Schröters Ernennung werden die noch geltenden Vorhaben des Landtags und der Landesregierung auf Realisierung einer menschenrechtskonformen Flüchtlingspolitik in Brandenburg ad absurdum geführt.

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