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Blockupy-Newsletter 16. Juli 2015 #OXI #ThisIsACoup #OXIgermany

blockupy berlin

Blockupy-Newsletter 16. Juli 2015
#OXI #ThisIsACoup #OXIgermany
Dieser Newsletter möchte verbreitet werden. Bitte schickt ihn an Eure Verteiler_innen, Freund_innen, Arbeitskolleg_innen, Nachbar_innen, Bekannten, Genoss_innen, Chor und alle, die Euch sonst einfallen. Liebe Blockupy-Aktive, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen!

Am Mittwoch (15. Juli) sind Tausende in Athen, Rom, Mallorca, Sydney, Madrid, Kiel, Berlin, Köln, Stuttgart, Bremen und in vielen anderen Städten der Welt auf die Straße gegangen. Denn drei Dinge sind klar geworden:

Erstens, wir erleben Tage, die in die Geschichtsbücher eingehen werden – ob als Aufbruch oder Katastrophe, dies liegt auch bei uns.

Zweitens ist allen klar, es geht hier schon lange nicht mehr allein um Schuldentilgung – es geht um die Frage der Demokratie. Am 5. Juli haben 61 % der Griech_innen ihr Votum abgegeben – ihrem Widerstand noch einmal Nachdruck verliehen. Doch gegen die Erpressung durch die neoliberalen Eliten, gegen die Mauer der Troika, gegen das Diktat von Schäuble, Merkel, Gabriel scheint kaum ein Durchbrechen möglich.

Drittens: Niemand, der bei klarem Verstand ist, kann dieses Ergebnis des Eurogipfels eine „Einigung“ nennen. Es war ein Diktat, das mit dem Messer am Hals erzwungen wurde. Wie die Millionen Menschen, die den Hashtag #ThisIsACoup über Twitter verbreitetet haben, richtig erkannten, war es ein Staatsstreich, ein Putsch.

OXI ist überall! – Was können wir jetzt tun?
Unsere Aufgabe ist es nun, in den kommenden Tagen nicht aufzugeben – sondern weiter zu gehen und ein Zeichen nach Europa zu senden: Wir kämpfen an der Seite der Bewegungen in Griechenland. Wir zeigen das Gesicht des Widerstands, der Empörung, der Wut und der Scham über die deutsche Regierungspolitik #OXIgermany. Wir lassen uns unser OXI nicht nehmen! Informiert euch über Versammlungen auf allen Kanälen, nehmt den Blockupy-Text aus dem Anhang oder schreibt selbst welche. Verteilen wir diese überall in Cafes, Bars, Betrieben, auf der Straße! Schmückt die Stadt und die Gebäude der Krisenakteure mit eurem OXI! Seid Teil der #OXIspd – Kampagne (siehe unten)! Bereitet Go-ins vor oder schreibt Briefe! Bastelt Schilder und sendet Fotos mit eurem OXI an webteam@blockupy.org oder per twitter mit dem hashtag #OXIgermany bzw. #blockupy.

Demnächst wird es auch OXI-Sticker, Schablonen und Flyer geben, die wir euch auf Anfrage gerne zusenden. Mehr in Kürze auf: http://oxi-europe.org

Wie so viele Infratest-Umfragen, ist auch die Frage, die am Freitag dem Parlament vorliegt, eine, schwer mit ja oder nein zu beantworten sind: Willst Du, dass Griechenland Hilfen bekommt? Klar. Aber können wir die Unterwerfung, die die Bundesregierung im Gegenzug für die Aufnahme (!) neuer Verhandlungen fordert, unkommentiert lassen? NEIN! OXI! Deshalb treffen wir uns am Freitag vor dem Bundestag. Nicht, um uns an „unsere“ Repräsentanten zu wenden, sondern um zu rufen: OXI! No nos representan! Ihr repräsentiert uns nicht!“

OXI SPD – Keine Ruhe für Gabriel!
http://blockupy.org/6161/oxi-spd-keine-ruhe-fuer-gabriel/

Die deutsche „Sozialdemokratie“ hat sich an dem Finanzputsch gegen den im Referendum ermittelten Willen der griechischen Bevölkerung aktiv beteiligt. Sigmar Gabriel gab in der Auseinandersetzung um den Umgang der EU mit Griechenland den Hardliner, der mitunter noch die CDU rechts überholte. Während er die „Glaubwürdigkeit“ der griechischen Regierung öffentlich bezweifelte, haben Gabriel und die SPD ihre eigene längst verspielt.

Er weiß genau, dass ein Erfolg des griechischen Modells der europäischen Sozialdemokratie in ihrer jetzigen Verfasstheit größte Probleme bei den Wählerinnen und Wählern bereiten würde. Das wissen auch viele Mitglieder, die sich seinem Kurs widersetzen und eine ganz andere Richtung des Krisenmanagements verlangen. Auch sie sind jetzt gefragt.

Es ist jetzt an der Zeit, die Stabilität der Großen Koalition und die Lüge der Sozialdemokratie politisch anzugreifen – von innen und von außen. Diese Stabilität allein ist es, die das erpresserische deutsche Vorgehen in Brüssel absichert und ermöglicht. Alle, die etwas tun wollen, um Widerstand gegen Austeritätspolitik und Entdemokratisierung effektiv werden zu lassen, können hier praktisch eingreifen:

Nutzt öffentliche oder parteiinterne Veranstaltungen der SPD, um den Streit über ihren Griechenlandkurs zu führen.
Kündigt diese Besuche und Interventionen öffentlich an.

Es hat bei anderer Gelegenheit Fälle gegeben, in denen Menschen in Parteibüros gegangen sind und diese erst wieder verlassen haben, nachdem sie dort öffentlich in Gegenwart der Presse mit Verantwortlichen diskutieren konnten.
Besucht die Sprechstunden der Gliederungen und Abgeordneten und diskutiert mit ihnen.
Schreibt Leser_innenbriefe, in denen ihr Gabriel widersprecht und den Mitgliedern, die eine Kurskorrektur fordern, zustimmt.
Schreibt an die lokalen SPD-Gliederungen und an die örtlichen Bundestagsabgeordneten im gleichen Sinne.
Bedient euch des von Blockupy und anderen produzierten Materials für ein europaweites OXI/nein zur Austerität im Zusammenhang mit öffentlichen Auftritten der SPD und ihrer Gliederungen. Das Anbringen von Aufklebern, Handzetteln, Plakaten, Bannern an Infotafeln, Plakatständern, Häusern der Partei kann gegebenenfalls rechtlich unproblematisch sein. Das direkte Markieren, Verändern, Verschönern von deren Auftritten oder Einrichtungen wäre eine Sachbeschädigung und als solche strafbar.

Dokumentiert eure Aktionen und macht sie öffentlich zugänglich.

Hashtag: #oxispd

#‎ThisIsACoup‬: Das ‪#‎OXI‬ an jede Wand, auf jede Straße!

[DE] https://blockupy.org/6152/thisisacoup-das-oxi-an-jede-wand-auf-jede-strasse/

[EN] https://blockupy.org/en/6158/thisisacoup-oxi-on-every-wall-in-every-street/

Hunderttausende haben u.a. am 3. Juli auf den Straßen von Athen zu den Zumutungen der Sparpolitik, zu ihrer Verelendung, zu der Rettung von Banken auf Kosten der Menschen unüberhörbar OXI! NEIN! gesagt. Dieses OXI! NEIN! ist am 5. Juli im griechischen Referendum mit einer beeindruckenden Mehrheit von 61% bekräftigt worden. OXI! NEIN! hallte durch ganz Europa, gab den Erniedrigten Hoffnung, ermutigte die Widerständigen – und schreckte die Mächtigen auf.

Nur eine gute Woche später kapituliert die griechische Regierung vor der Forderungen der Gläubiger. Die Renten müssen noch weiter gekürzt, die Mehrwertsteuer soll erhöht werden. Wie bei der Abwicklung der DDR wird eine „Treuhand“ eingerichtet, um 50 Milliarden Staatsvermögen für Schuldendienst und Bankenrettung zu verscherbeln. Die Demokratie in Griechenland ist faktisch ausgehebelt, es wird zu einem besetzten Land: Alle Gesetze und Verordnungen müssen noch vor ihrer Beratung im Parlament von den Institutionen“ genehmigt oder abgelehnt werden. Selbst alle Maßnahmen zur Linderung der unmittelbaren sozialen Not aus den vergangenen 6 Monaten werden in Frage gestellt.

Niemand, der bei klarem Verstand ist, kann dieses Ergebnis des Eurogipfels eine„Einigung“ nennen. Es war ein Diktat, das mit dem Messer am Hals erzwungen wurde. Wie die Millionen Menschen, die den Hashtag #ThisIsACoup über Twitter verbreitetet haben, richtig erkannten , war es ein Staatsstreich, ein Putsch. Angesichts dieser mit gezogener Waffe erfolgten Erpressung diskutieren wir nicht das Verhalten des Überfallenen, sondern zeigen mit dem Finger auf den Täter und nennen ihn einen Verbrecher. Alle in Europa und in der ganzen Welt wissen, von wem dieser Putsch ausging: Es war die deutsche Bundesregierung, es waren Wolfgang Schäuble und Angela Merkel, die ihre Linie der gnadenlosen Demütigung in Europa durchgesetzt und den schüchternen Widerspruch aus Italien oder Frankreich schnell zur Seite geschoben haben. Unterstützt und abgesichert wurden sie dabei von Gabriels SPD und von weiten Teilen der deutschen Medien. Sie konnten sich dabei auf einen nationalistischen Konsens der deutschen Mehrheitsgesellschaft stützen und profitierten von der Angst mancher linker Organisationen vor Meinungsumfragen.

Der Preis, den die Mächtigen dafür zu bezahlen haben, ist hoch: Das Mäntelchen aus gemeinsamen Werten“, „Solidarität“ und „Demokratie“, das sich EU-Europa so gern umhängt, ist endgültig fadenscheinig und rissig geworden. Darunter schimmert der eigentliche Kern deutlich hervor: die Herrschaft der Kapitalrendite und der Wettbewerbsfähigkeit, die Aushöhlung der Demokratie durch die nackte, erpresserische Gewalt und die anmaßende deutsche Vorherrschaft. Europa ist politisch bankrott und die Risse im System sind nur vorübergehend zugekleistert.

Alle wissen, dass die Erniedrigung Athens, die abermalige Steigerung des sozialen Elends, die Ausplünderung noch der letzten ökonomischen Reserven Griechenlands selbst unter kapitalistischen Maßstäben unvernünftig ist. Die Krise ist nicht gelöst, sie ist nur abermals verschärft und gleichzeitig verschoben. Dutzende, auch angesehener bürgerlicher Ökonomen bestätigen das.

Warum also tun die deutschen und europäischen Eliten etwas, das niemals zu wirtschaftlicher Erholung in Griechenland und zu einer Überwindung der europäischen Krise führen kann? Weil es ihnen um ganz etwas anderes geht: Um Abschreckung und demonstrative Bestrafung und um das Nutzen der Krise, um die Sozialstandards nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa dauerhaft zu senken. Politik soll in Europa weiterhin die Sache von „Expert_innen“ der Unterdrückung sein, in der die Stimme der Vielen nur ein störendes Hintergrundgeräusch, eine unverständliche Sprache bleibt.

Niemand in Europa, keine Regierung, keine Bewegung, keine Gewerkschaft soll es mehr wagen, sich dem deutschen Diktat der Sparpolitik und der Schleifung des Sozialen im Namen der Wettbewerbsfähigkeit zu widersetzen. Die Menschen in Spanien sollen nicht falsch“ wählen, die Jugend in ganz Südeuropa soll sich in die Perspektivlosigkeit von Erwerbslosigkeit und prekären Jobs fügen und auch deutsche Erzieher_innen, Postangestellte, amazon-Beschäftigte oder Lokführer_innen sollen nicht zu aufmüpfig werden. Wer Widerstand leistet, dem soll es danach noch schlechter gehen als vorher.

Das ist die Traurigkeit des gegenwärtigen Kapitalismus: Er hat keine Hoffnungen und keine Perspektiven mehr anzubieten, sondern regiert mit der Erpressung, der Angst, der rassistischen Spaltung und der Ideologie der Alternativlosigkeit.

Allzu viele in Deutschland haben sich von einer beispiellosen Medienkampagne einreden lassen, die gnadenlose Behandlung und Bestrafung der Menschen in Griechenland sei in ihrem eigenen Interesse. Allzu viele haben die Märchen von den wohlhabenden griechischen Rentner_innen geglaubt und haben in den Chor derjenigen eingestimmt, die jede Häme, jedes Nachtreten, jede Verachtung für erlaubt hielten. Der Neo-Nationalismus vernebelt die Köpfe und genau das ist auch seine Aufgabe.

Gleichzeitig wissen aber viele Menschen, auch in Deutschland, dass wir viel öfter und viel lauter OXI! NEIN! sagen müssen. NEIN zu Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung! NEIN zu steigenden Mieten und der Verdrängung von Menschen aus ihren Stadtteilen! NEIN zu krankmachendem Stress und immer längeren Arbeitszeiten! NEIN zur Zerstörung der sozialen Infrastruktur! NEIN zu den Schulden, die Millionen Menschen auch hierzulande die Luft zum Atmen nehmen! NEIN zu den JA-Sagern, NEIN zu ihrer Propaganda, die uns zu Kompliz_innen ihrer Erpressung machen will! NEIN zu diesem Leben, das das Leben mit Füßen tritt!

Das OXI! vom Syntagma-Platz in Athen ist nicht tot. Kein erpresster Kompromiss kann es zerstören, wenn wir es aufnehmen und zu unserem NEIN! machen. OXI! NEIN! an vielen verschiedenen Stellen, in all unseren Kämpfen und überall in unserem Alltag. Und gleichzeitig ein gemeinsames OXI! NEIN! in ganz Europa, weil unser NEIN! gleichzeitig ein Ja ist zu einem anderen Europa, das mit dem verkommenen Europa der Mächtigen nichts mehr zu tun hat, sondern das ganz neu von unten aufgebaut werden muss.

Das nächste große Blockupy, die nächste große europäischen Mobilisierungen nach Brüssel oder Berlin werden kommen. Auch in diesen Tagen finden in vielen Städten Europas Versammlungen und Kundgebungen statt, an denen wir uns beteiligen.

Aber es geht uns um mehr als einen Aktionsvorschlag, um mehr als den nächsten Demo-Aufruf. Wir wollen, dass sich das OXI! NEIN! verbreitet, dass alle Aktionen und Kämpfe, die es überall in Europa, in Deutschland, in unseren Orten gibt, dieses OXI! NEIN! aufnehmen, es sich zu Eigen machen und es in tausend verschiedenen Formen herausschreien. Das ist eine langfristige Aufgabe, mit der wir dennoch heute beginnen müssen! Die Niederlage des griechischen Aufbruchs, die eine gemeinsame Niederlage von uns allen ist, hat das Kräfteverhältnis im europäischen Kapitalismus noch einmal unmissverständlich dokumentiert. Sie hat aber auch gezeigt, dass die Herrschaft nur noch autoritär verteidigt werden kann – und was sie jetzt schon dafür alles in die Waagschale werfen müssen. Das kann sich noch als Pyrrhussieg für das deutsche Europa herausstellen.

Lasst uns deswegen in dem OXI! NEIN! unsere Gemeinsamkeit, unsere Solidarität und unsere Stärke entwickeln, damit den JA-Sagern ihre Waffen der Erpressung bald aus den Händen geschlagen werden. Das OXI! NEIN! muss an die Fassaden dieser scheinbar heilen Welt, die nur von der nackten Gewalt zusammengehalten wird, an jede Wand, auf jede Straße!

Euer Blockupy-Koordinierungskreis www.blockupy-frankfurt.org kontakt@blockupy-frankfurt.org

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OXI Überall! – No nos representan! Sie repräsentieren uns nicht!

NaturFreunde Griechenland OXI

Gestern waren wir mit 1500 Leuten auf dem Oranienplatz! Wir haben miteinander gesprochen und uns gemeinsam dazu entschlossen nicht nur zu sprechen sondern in Bewegung zu treten. Gemeinsam sind wir laut vor das Finanzministerium gezogen. Vielleicht ein neuer Anfang von Wochen in denen ein anderes Gesicht aus Deutschland sichtbar wird? Das Gesicht des Widerstands, der Empörung, der Wut und der Scham über die Regierungspolitik, die mit aller Kraft versucht Demokratie und Solidarität in Europa in die Knie zu zwingen.

Auf der Versammlung haben wir entschieden uns morgen um 09:00 Uhr vor den Bundestag zu versammeln – entschlossen, kreativ und sichtbar. Denn am Freitag entscheidet das Parlament zwischen 10:00 Uhr un…d 13:00 Uhr über das dritte Erpressungspaket für Griechenland.

Wie so viele Infratest-Umfragen, ist auch die Frage, die am Freitag dem Parlament vorliegt, eine, schwer mit ja oder nein zu beantwoten sind: Willst Du, dass Griechenland Hilfen bekommt? klar. Kann man die Unterwerfung, die die Bundesregierung im Gegenzug für die Aufnahme (!) neuer Verhandlungen fordert, unkommentiert lassen? NEIN. OXI. Deshalb treffen wir uns am Freitag vor dem Bundestag. Nicht, um uns an „unsere“ Repräsentanten zu wenden, sondern um zu rufen: OXI! No reresentan! Ihr repräsentiert uns nicht!“

Lasst uns die nächsten 24 Stunden nutzen. Mobilisieren wir in Cafes, Bars, Betrieben, Kitas, Schulen und Unis. Nutzen wir die Straßen und Plätze für unsere Aktionen. Machen wir das OXI sichtbar! Auf jeder Wand, auf allen Straßen! Lassen wir uns nichts mehr vertreiben und senden wir ein Bild nach Europa: Auch wir sagen Nein zu Erpressung, Austerität und dieser deutschen Politik!

OXI Überall! – No nos representan! Sie repräsentieren uns nicht!

Platz der Republik (vor dem Bundestag)

09.00 Uhr

Blockupy goes Athen

OXI – Schluss mit Lustig. Öffentliche Versammlung am 15. Juli, 19.30 Uhr Oranienplatz

NaturFreunde Griechenland OXI

Wir erleben Tage, die in die Geschichtsbücher eingehen werden – ob als Aufbruch oder Katastrophe, liegt auch bei uns. Die Leute in Griechenland wehren sich und die herrschende Politik zeigt ihr wahres Gesicht. Unverstellt und gnadenlos. Wer sich nicht unterwirft, soll untergehen. An die Menschen in ganz Europa ist die Frage gestellt: Wo stehst Du?

Gerade hier in Deutschland und in Berlin, wo das Zentrum dieser Herrschaftspolitik angesiedelt ist und sich die Politik der Gnadenlosigkeit einer Mehrheit in der Bevölkerung sicher scheint, müssen wir uns positionieren. Am Mittwoch wird es in Griechenland wieder Demonstrationen geben. Seien wir an der Seite all derer in Europa, die ein deutsches Europa fürchten, die …keine deutsche Regierung der Erpressung vor ihrer Haustür, in ihren Vierteln, in ihren Parlamenten wollen. Formulieren wir auch hier unser NEIN, unser Oxi! zu einem Europa der Eliten und der Unterdrückung durch deutsche Schirmherrschaft.

Die Bundesregierung betreibt aktiv die Zerstörung des griechischen Gemeinwesen und des aufkeimenden demokratischen Aufbruchs. Wir leben hier in diesem Land und wir gehören nicht zu der deutschen Mehrheit, die hinter der Regierungspolitik von Merkel und Schäuble steht. Auch wir wollen uns versammeln, mit all jenen, die das Oxi! – nicht einer Partei, sondern einer Gesellschaft in Bewegung – gegen die Krisenpolitik teilen:

Am Mittwoch den 15.07.2015 um 19.30 Uhr am Orianienplatz in Kreuzberg.

Lasst uns überlegen, wie wir nicht nur Solidarität praktisch umsetzen können, sondern den Kampf um ein demokratisches Leben und gegen die herrschende Erzählung der Alternativlosigkeit beginnen können!

NaturFreunde: Griechenland: Ich schäme mich für Wolfgang Schäuble

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Nicht Buchprüfer, sondern friedenspolitische Visionäre müssen Europa entwickeln

 

Berlin, 13. Juli 2015 – Anlässlich des Griechenlandgipfels erklärt Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands:

 

Unter größter Mühe ist am vergangenen Wochenende eine vorläufige Einigung in der Griechenlandkrise erreicht worden. Nicht weniger als der europäische Einigungsprozess stand auf dem Spiel. Und es zeigte sich zum wiederholten Mal, wie überfordert die Eurokraten und Politikmanager sind, wenn sie das europäische Haus festigen sollen. Europa braucht neue Akteure für neue Wege in eine gemeinsame Zukunft.

Syriza hat die Wahl gewonnen, weil die griechischen „Altparteien“ gewaltige Fehler gemacht hatten. Aber auch, weil das griechische Volk von den Märkten und Euro-Technokraten gedemütigt wurde. Immer noch steht es am Abgrund.

Das fast schon unvorstellbare griechische Bekenntnis zu Europa

Das griechische Volk hat gesehen, wie große Gläubigerbanken, die sich verspekuliert hatten, schnell Milliardenbeträge erhielten, während die Griechen selbst darum betteln mussten. Dass dennoch die große Mehrheit des griechischen Volkes im Euroraum bleiben will, ist ein schon fast unvorstellbares Bekenntnis zu Europa.

Dass den Euro-Finanzministern eine Schlüsselrolle für den Verbleib Griechenlands in der Europäischen Gemeinschaft zukommt, ist jedoch ein eindeutiger Beleg für den aktuell sehr problematischen Kurs Europas. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die Gründerväter eines Vereinigten Europas eine Friedensmacht. Aber die momentane Wirklichkeit sieht anders aus: Europa ist zum Kontinent der Krämer geworden, Politik zum Vollzug der Buchprüfer.

Ich schäme mich für Schäubles Selbstgerechtigkeit

Wie sich Finanzminister Wolfgang Schäuble als Schulmeister Europas aufgespielt hat, ist unerträglich. Schäuble hat furchtbare Schäden in Südeuropa angerichtet. Er mobilisiert Vorurteile wie kein anderer. Für die Selbstgerechtigkeit und die geistige Verengung, mit der Schäuble auftritt, schäme ich mich. Aber die anderen Bundesminister lassen ihn machen.

Wolfgang Schäuble darf Deutschland nicht länger zum Objekt der Wut machen. Der badische Finanzminister scheint nicht die Vernunft der schwäbischen Hausfrau zu haben. Wer keine europäische Perspektive hat, der darf keine Verhandlungen führen.

Die entscheidenden Ursachen für die Krise liegen im Finanzkapitalismus

Griechenland ist eine zutiefst europäische Nation. Die entscheidenden Ursachen für die Krise liegen im Finanzkapitalismus und in der grenzenlosen Aufblähung des Geldschöpfungspotenzials, mit denen angeblich ein höheres Wachstum erreicht werden sollte – tatsächlich aber die krisenhafte Spaltung Europas riskiert wird. Bis heute haben dieselben Lautsprecher, die Griechenland unter ihr Spardiktat zwangen, wenig getan, um spekulierende Geldhändler zu bremsen und die Finanzmärkte endlich zu regulieren.

Wir dürfen nicht nur die Probleme Griechenlands sehen. Die EU braucht eine grundlegende Kurskorrektur, damit sie zu einer Kraft für eine ökonomische wie sozial-ökologische Transformation wird.

Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch: Wer für „Nein“ geworben hat, kann jetzt nicht „Ja“ sagen

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Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch 12.07.2015

Politische Bewertung:

Antrag auf ESM-Darlehen und „Reformliste“
Wer für „Nein“ geworben hat, kann jetzt nicht „Ja“ sagen

Die griechische Bevölkerung hat trotz erpresserischer Bargeldverknappung und Grexit-Angstkampagne eindrucksvoll ihren Willen in dem Referendum zum Ausdruck gebracht: „Nein“ zum vergifteten Angebot der Institutionen, „Nein“ zu weiteren Reallohnkürzungen durch drastische Mehrwertsteuererhöhungen, „Nein“ zu weiteren Rentenkürzungen und „Nein“ zur weiteren Verschleuderung öffentlichen Vermögens.

Statt dieses demokratische Votum zu akzeptieren und ihre gescheiterte Krisenpolitik zu überdenken, haben Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Europäische Zentralbank (EZB) die Regierung in Athen in den Tagen nach dem Referendum weiterhin gnadenlos erpresst. Die alte Troika signalisierte, dass die EZB nur bei einer „Einigung“, die de facto einer Kapitulation der griechischen Regierung gleichkäme, die griechischen Banken wieder mit Liquidität versorgen würde. Erst mit neuer Liquidität könnten die Banken wieder öffnen.

Bei den Primärüberschüssen im Haushalt und Privatisierungen war die griechische Regierung bereits vor dem Referendum weitgehend auf das „Angebot“ der Institutionen eingegangen. In kompletter Ignoranz der demokratischen Willensäußerung verlangten die Gläubiger nach dem Referendum ultimativ von der griechischen Regierung bis zum 9.7.2015, noch weiter nachzugeben und ein neues „Reformpaket“ vorzulegen. Andernfalls hätte ein Antrag auf Finanzhilfe beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der zuvor von der griechischen Regierung eingereicht worden war, keine Chance.
Die daraufhin von der griechischen Regierung vorgelegte Liste, die das griechische Parlament inzwischen mit Stimmen der Opposition als Verhandlungsgrundlage gebilligt hat, entspricht in allen zentralen Fragen – Höhe der Primärüberschüsse, Mehrwertsteuererhöhungen, Rentenkürzungen und Privatisierungen – exakt dem „Vorschlag“ der Institutionen, den 61 Prozent der Griechen im Referendum abgelehnt hatten.

Dass Schäuble und anderen selbst das immer noch nicht ausreicht, zeigt nur, dass es ihnen nie um eine Einigung ging!

Beispiele für die Zugeständnisse der griechischen Regierung in ihrem neuen Angebot

Das geplante Einnahmeplus durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer (auf 23 Prozent für die meisten Produkte, für die vorher der ermäßigte Satz von 13 Prozent gegolten hatte) ist mit einem Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) jetzt genau so hoch wie von den Gläubigern verlangt. Zum Vergleich: Auf Deutschland übertragen würden dem Mehreinnahmen von 25 Milliarden Euro durch Erhöhung von Verbrauchssteuern entsprechen, eine spürbare Verteuerung, die vor allem Ärmere am härtesten träfe. Die Abschaffung des Mehrwertsteuerrabatts für die meisten Inseln und sogar der hohe Mehrwertsteuersatz für Restaurants werden in der neuen griechischen „Reformliste“ akzeptiert. Außer Grundnahrungsmittel werden auch alle Lebensmittel von dem neuen Satz von 23 Prozent betroffen sein. Lediglich Hotels sollen noch in den Genuss des mittleren Mehrwertsteuersatzes von 13 Prozent kommen. Diese Maßnahmen verteuern nicht nur die Lebenshaltungskosten der Bevölkerung erheblich, sondern bedeuten mehr Armut und eine erneute Strangulierung der Nachfrage auf dem Binnenmarkt. Auch der einzige noch halbwegs florierende Wirtschaftszweig, die Tourismusbranche, wird durch sie getroffen.

Bei den Renten bleibt es bei der Einführung der Rente mit 67 und der Verringerung der Möglichkeit für die Frühverrentung, obwohl letztere quasi als Ersatzsozialhilfe fungiert. Die Erhöhung der Beiträge für die Gesundheitsversorgung von 4 auf 6 Prozent bedeuten eine faktische Rentenkürzung von mindestens 2 Prozent für alle Rentner (durch Einbeziehung der Zusatzrenten für viele sogar noch mehr). Zusätzlich getroffen werden Bezieherinnen und Bezieher der bisherigen Solidarrente, die bis 2019 schrittweise abgeschafft werden soll. Insgesamt sollen sich die Rentenkürzungen bereits 2015 auf 0,25 bis 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und nächstes Jahr sogar auf 1 Prozent des BIP belaufen. Auch bei den Renten wurde der „Vorschlag“ der Institutionen damit vollständig übernommen.

Die Unternehmenssteuern werden nun, wie von den Institutionen verlangt, nur auf 28 anstatt auf 29 Prozent angehoben.

Die Sonderabgabe für Unternehmen mit über 500 000 Euro Jahresgewinn ist vom Tisch.

Obwohl selbst vom IWF ein Schuldenschnitt gefordert wird und Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis diesen noch vor wenigen Wochen zur Bedingung für eine Vereinbarung gemacht hatte, ist von einem Schuldenschnitt im Paket der griechischen Regierung nichts zu finden. In dem Brief vom 8.7. an den ESM, in dem der Finanzhilfeantrag gestellt wird, heißt es lediglich, dass Griechenland auf Maßnahmen als Ergebnis einer „breitere Diskussion“ hofft, durch welche die griechischen Schulden wieder nachhaltig werden. Ähnliche Formulierungen hatten auch frühere Vereinbarungen mit Griechenland enthalten, ohne dass dem jemals Konsequenzen folgten.

Es gibt kein Investitionsprogramm in Höhe von 35 Milliarden Euro, sondern nur einen unverbindlicher Hinweis auf bestehende EU-Investitionstöpfe.

Alexis Tsipras soll vor dem Parlament gesagt haben, dass diese Liste nicht im Einklang mit Syrizas Wahlversprechen steht. „Das Sparprogramm ist selbstmörderisch“, sagte Energieminister Panagiotis Lafazanis.

Fazit

Klar ist: Selbst eine einfache Annahme der griechischen „Reformliste“ ohne weitere Verhandlungen und Verschärfungen liefe bereits auf die Fortsetzung des fatalen Giftcocktails von Kürzungspolitik und sich verschärfender Wirtschaftskrise hinaus, der in den letzten Jahren ein Viertel der griechischen Wirtschaftskraft zerstört und die griechischen Schulden immer weiter erhöht hat. Die griechische Tragödie ginge so erneut in die Verlängerung. Das mindestens 50 Milliarden Euro schwere Griechenland-III-Kreditpaket, für das wieder die europäischen Steuerzahler haften sollen, dient erneut nur dazu, alte Schulden mit neuen Schulden zu bezahlen. Es wird absehbar selbst dafür nicht ausreichen, da – wie der IWF inzwischen unumwunden zugibt – die zugrunde liegenden Wachstums- und Überschussannahmen viel zu optimistisch sind. Man könnte sarkastisch sagen: weil es selbst dazu beiträgt, dass sich Wachstum in der griechischen Wirtschaft in den nächsten Jahren wohl kaum einstellen wird. Auch gibt es aus anderen Ländern einschlägige Erfahrungen, dass Mehrwertsteuererhöhungen in einer Krise die Einnahmen aus dieser Steuer oft sogar senken, weil der Effekt der Nachfragestrangulierung den Einnahmeeffekt überwiegt.

Statt neuer Giftlisten, die die Leistungsfähigkeit der griechischen Wirtschaft weiter ruinieren, braucht Griechenland die Klärung der Schuldenfrage z.B. durch einen Schuldenschnitt wie Deutschland ihn nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten hat. Und statt einer weiteren Verschleuderung öffentlichen Vermögens durch Privatisierungen, die den Staat immer ärmer machen, braucht Griechenland eine Vermögensabgabe zulasten seiner Oligarchen, um die öffentliche Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Nur mit einem grundlegenden Kurswechsel weg von der Kürzungspolitik kann die griechische Wirtschaft reanimiert, der Sozialstaat wieder hergestellt und letztlich auch der Schaden für die europäischen Steuerzahler minimiert werden.

Wer beim Referendum für ein „Nein“ war, um weiteren Kürzungsdiktaten eine Absage zu erteilen, kann jetzt nicht „Ja“ sagen!

Dass Syriza diesem Diktat trotzdem zustimmt, ist nicht ihr freier Wille. Wir müssen die Erpressung, die insbesondere seitens der deutschen Regierung stattgefunden hat, angreifen und in ihren verheerenden Wirkungen – auch für die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – attackieren.

blockupy goes Athen: “Die Niederlage verstehen heisst den Sieg vorbereiten”

blockupy berlin

Das griechische Dilemma und wir

Neun provisorische Überlegungen nach dem popularen Oxi und dem Ja von Syriza zum Memorandum. Geschrieben nach der Abstimmung im griechischen Parlament und vor der endgültigen Entscheidung der Eurogruppe. Alles ist in diesem Moment offen, wir haben nur ein paar Gewissheiten. Alles kann anders werden, einiges wird aber bleiben.

1. Von der Erpressung zum Putsch

Die Alternative zwischen Grexit und drittem Memorandum ist nicht die zwischen Reform und Revolution, sondern lediglich die von den Gläubigern diktierte Alternativlosigkeit. Sie entspricht dem europäischen Kräfteverhältnis, das vorläufig nur Niederlagen hervorbringen kann.

Griechenlands Erpressung durch die Gläubiger lässt zwei Wege offen, die beide eine Niederlage sind. Diese ist unabwendbar. Erstens der Grexit, das bedeutet: Wir nehmen euch die Möglichkeit, den europäischen Klassenkonflikt im europäischen politischen Raum auszutragen. Wenn ihr weiter kämpfen wollt, dann kämpft zu Hause ums Überleben und lasst die Welt bei der Chancenlosigkeit dieses Kampfes zuschauen. Wenn ihr weiter im Namen eurer Bevölkerung kämpft, wird die Bevölkerung die Konsequenzen dafür zu spüren bekommen. Ein Grexit macht das Problem europäischer Innenpolitik zu einem der Entwicklungspolitik und der humanitären Hilfe. Er isoliert den politischen Konflikt in Europa auf griechisches Territorium. Zweitens, ein neues Memorandum: Damit würde es bei der politischen Architektur der EU bleiben, wie sie ist, allerdings nur um den Preis der vollkommenen Unterwerfung und der nun auch eingeforderten politischen Überwachung. Die Programme der Eurogroup und des IWFs sind nicht nur eine Schuld- und Insolvenzverwaltung, sondern der Versuch eines Nation Buildung von außen. Die Treuhand als Schattenregierung. Ihr Ziel ist ein neues griechisches Gemeinwesen im ökonomisch-technokratischen Sinne: Deregulierung, Privatisierung, Kapitalismus mit „asiatischen Werten“ (Zizek).

2. Politische Unterwerfung als Strategie

Offensichtlich hat sich die Syriza-Regierung aus strategischen Gründen dafür entschieden, die Politik der Verhandlungen mit einer symbolträchtigen Niederlage zu beenden, um die fiskalpolitische und wirtschaftliche Lage zu “beruhigen”. An der sozialen Verheerung ändert es nichts.

Die letzten Tage katapultierten Syriza in einen neuen Entscheidungsraum in einer vollkommen widersprüchlichen Situation: Dem emphatischen Befreiungsschlag des popularen „Nein“ (Oxi) stand die intensivierte fiskalische Erpressbarkeit des Staates (Bankenschließung, Staatsbankrott) gegenüber. Der vollständige Kollaps war eine Frage von Tagen. Das Geld ging aus. In den letzten Tagen wurde die vorläufig äußere Grenze dieses institutionellen nationalen Aufstandes gegen die europäischen „Institutionen“ erreicht. Die Verhandlungen waren am Ende und der ökonomische Krieg gegen die griechische Regierung auf seinem vorläufigen Höhepunkt. Tsipras erhofft sich von einem neuen Hilfspaket die Entspannung dieser dramatischen Lage. Und nicht wenige erhoffen sich die Zeit, um einen Grexit nun wirklich vorzubereiten.

Es ist fraglich, ob diese Strategie aufgehen wird. Syriza erwartete sich von einem Memorandum Luft zum Atmen und die Möglichkeit, einen neuen politischen Angriff vorzubereiten. Die Gläubiger haben sich daher nun zum Ziel gesetzt, von der fiskalischen Erpressung zur direkten politischen Kontrolle überzugehen – falls sie die Syriza-Regierung nicht doch noch zu Fall bringen können. Sie formulieren nicht nur den vertraglichen Rahmen griechischer Politik, sondern wollen nun die nächsten Auszahlungen an die politische Folgsamkeit der Regierung binden und diese permanent überwachen. Sie werden zu verhindern versuchen, dass Griechenland auch nur den Hauch eines Spielraums für eine neue Offensive zugestanden bekommt. Es geht in Brüssel seit heute nicht mehr um die ökonomische Unterwerfung unter ein drittes Memorandum. Die Gläubiger zwingen Tsipras, seine “Glaubwürdigkeit” zu beweisen, in dem er alles tut, was sie von ihm verlangen: Sich gegen die Bevölkerung, die “Abweichler”, die Partei stellen. Das ist jetzt eine Erpressung, deren Bedingung die öffentlichkeitswirksame Zerstörung der politischen Einheit ist. Darin gibt es keinen strategischen Rückzug, keine mögliche Offensive der Zukunft. Die bisher erreichte Unterwerfung kann und muss man kritisieren. Aber wer darin gleich den Abbruch eines politischen Projektes und den Tod des Reformismus sieht, sollte sich zurückhalten. Denn das in der Luft liegende „Nein“ der Eurogruppe zur vorliegenden griechischen Unterwerfung wird nicht nur Syrizas Zukunft entscheiden, sondern auch die Konfiguration des künftigen Europas. Ob mit Grexit oder Memorandum: Ab Montag wissen alle, dass es höchstwahrscheinlich keine Möglichkeit gibt, gemeinsam mit den Gläubigern die Lage in Griechenland auch nur geringfügig zu verbessern. Und seit dem Referendum ist der Bruch eine gesellschaftliche Option. Ab Montag beginnt ein neuer politischer Prozess in Griechenland, der die Linke und die Partei vor eine Zerreißprobe stellen wird.

3. Regierung und kollektiver Prozess

Die Regierung verselbständigt sich gegenüber der Partei und der Bewegung. Der Prozess der Verhandlungen erschwert den demokratischen Prozess und konzentriert die Macht bei Wenigen, denen man vertrauen muss. Gerade das populare Moment des Referendum hat genau das paradoxerweise verstärkt: Die Massen der Jungen und Armen, die nicht aktivistisch und organisiert sind, haben sich direkt an die Regierung und an die Person Alexis Tsipras gebunden.

Syriza erreichte durch seine Kampagne in den Vorstädten und Armutsvierteln all jene, die sich nach einem „Leben in Würde“ sehnen, aber nicht nach einer Vollversammlung auf Dauer, die ihnen permanente Entscheidungen abverlangt, von denen sie wollen, dass sie eben jener trifft, den sie mit ihrem „Nein“ bewusst dafür ermächtigt haben: Alexis Tsipras. Sie haben nicht nur „Nein“ gesagt, sondern auch Tsipras das Vertrauen geschenkt, damit er ihre Misere löst. Das hat seine Möglichkeiten, eigenmächtig zu entscheiden, gestärkt.

Zugleich wird eine Leerstelle der Platzbewegungen markiert. Die Demokratie der Plätze hat zentralistischen Politiken bewusst eine Absage erteilt und damit auch der Figur der charismatischen Führung. Wie sprechen Bewegungen zu jenen, die weder Bewegung sind noch werden wollen? Wie gehen wir um mit der möglichen Differenz zwischen dem Plebiszit der Versammlungen und dem vermeintlichen Gemeinwillen aller? Die gesellschaftliche Menge der Nichtrepräsentierten und „Unsichtbaren“ sucht nicht zwangsläufig ihr Glück in Basisbewegungen und tätiger Selbstorganisation. Wie handeln Bewegungen, wenn reale Mehrheitsverhältnisse unter den Bedingungen zeitgenössischer Post-Repräsentation nicht nur möglich, sondern auch entscheidbar sind? Die offene Frage des gesellschaftlichen und popularen Kollektivismus legt uns das Syriza-Experiment spätestens jetzt neu auf den Tisch. Gut so!

4. Erst das Fressen, dann der große Wurf

Das größte Problem der großen Unterwerfung unter den europäischen Status Quo ist nicht der Verrat an einem längt verrosteten Revolutionsbegriff der KKE oder anderer radikaler “Revolutionäre”. Das größte Problem ist, dass sich Griechenland und seine Ärmsten in einer Situation unmittelbarer Dringlichkeit befinden. Die soziale Katastrophe lässt sich nicht mit einem Fünf-Jahres-Plan beseitigen.

Insofern wird sich an der Politik der Regierung in den nächsten Monaten zeigen, ob sie tatsächlich kapituliert hat – nicht an einem Stück Papier. Die gebotenen Maßnahmen können dabei auch in rechtlichen Grauzonen stattfinden oder einen nächsten offenen Kampfschauplatz produzieren. Hauptsache er wird bestimmt und eröffnet. „Absurd“, „Kapitulation “, „Hoffnungshändler“: Alle, die jetzt ihre eigene Radikalität aus dem „Scheitern“ von Syriza begründen, sollten sich vergewissern, wie sie entschieden hätten. Fast alle „Linksradikale“ innerhalb von Syriza haben sich für dieses Memorandum ausgesprochen, gerade weil sie dagegen sind. Für den Moment scheint es die einzige Option, die andere Optionen offen hält. Es war ein strategischer Fehler, andere Optionen nicht früher ins Auge zu fassen. Aber um das Wagnis ins Unbekannte gehen zu können, den geregelten Grexit und die Optionen der Nationalisierung der Produktion und Verstaatlichung der Banken, braucht es nicht nur Zeit und reale Mehrheiten, sondern unmittelbar jetzt auch eine „Atempause“. Syriza war für diesen Schritt nicht vorbereitet. Niemand war es.

5. Grexit als Lösung?

Die deutsche Grexit-Diskussion ist romantisch. Sie hängt in weiten Teilen einer alten parteikommunistischen Politikvorstellung an: Ein Prozess des Bruchs soll sich nicht etwa gesellschaftlich, als soziale Transformation und politische Bewegung, vollziehen. Er soll vielmehr per Dekret und nach einer technischen Diskussion von Gesellschaftsmodellen durch die Regierung erlassen werden. Zudem ist die Forderung verantwortungslos, weil sie – und das ist gewichtiger – nicht dem tatsächlichen politischen Prozess entspricht.

Die Menschen haben mit ihrem Nein nicht für den Austritt gestimmt, sie haben die „liberale“ Politik der Angst zurückgewiesen, sie sind in ihrer Kampfbereitschaft ein großes Stück weiter in Richtung eines wirklichen Bruches gegangen, aber haben nicht das Momentum des revolutionären Wunsches formuliert. Unabhängig davon, ob wir es gerne anders hätten. Verantwortungslos wäre ein Grexit zu diesem Zeitpunkt auch deshalb, weil er nicht vorbereitet ist. Weder von Syriza als Regierung oder Partei, noch von kommunalen und lokalen sozialen Räten, geschweige den von Versammlungen der Bewegungen. Damit liegen Fragen für die weitere Strategie und nächste Schritte auf dem Tisch. Aber für den Moment gilt: der Bruch mit dem europäischen Fiskalregime würde jetzt das soziale Desaster verschlimmern und das plebiszitäre Moment des OXI würde umschlagen in eine gelenkte Demokratie und letztlich den Autoritarismus einer linken Regierung, die eine soziale Katastrophe zunehmend autoritär verwalten und gegen die gesellschaftliche Mehrheit den Staat und die Wirtschaft neu organisieren müsste. Der revolutionäre Grexit argumentiert aus bequemer Distanz und ignoriert letztlich diejenigen, die tatsächlich seit sechs Jahren kämpfen, hungern, leiden, hoffen. Sie alle haben Zeit zum Luftholen verdient. Sie entscheiden über den richtigen Zeitpunkt, nicht das Zentralkomitee von Syriza oder eine ferne Revolutionsromantik.

6. Notwendiges Scheitern?

Unabhängig davon, welche Ideologien und falsche Vorstellungen es bei Syriza über die Möglichkeit von Reformen geben mag: die Linie der letzten Monate entsprach dem tendenziellen Mehrheitswillen. Die Hoffnung auf eine Lösung im Rahmen der europäischen Verträge ist der Ausgangspunkt der politischen Strategie von Syriza gewesen. Darin hat sie die Gesellschaft radikalisiert.

Die Regierung hat die Bevölkerung hinter sich und diesem Wunsch versammelt und gemeinsam mit der europäischen Öffentlichkeit erfahren, dass dieser Wunsch unrealistisch, wie verhärtet die neoliberale Ordnung bereits ist. Hätten sie diese Erkenntnis einer revolutionären Minderheit einfach zum Ausgangspunkt ihrer Politik gemacht, wären sie grandios gescheitert. Die letzten Monate haben der ganzen Welt die Möglichkeit gegeben, die faktische Existenz des Antagonismus zu erfahren, zu sehen, zu spüren. Syriza hat nicht reformistische Wünsche geweckt, sondern sie in einem praktischen Anschauungsunterricht zerstört – ob gewollt oder nicht. Damit ist die reale Möglichkeit des Bruchs, über den jetzt zum ersten Mal in der gesamten Gesellschaft ernsthaft geredet wird, erst als eine reale Option hervorgebracht worden. Diese jetzt gewonnenen Erfahrungen konnte niemand voraussetzen, ohne damit zu einer Entfremdung von Bevölkerung und Partei beizutragen. Syriza hat nicht bei den eigenen Wahrheiten begonnen, sondern beim Stand des Bewusstseins der Bevölkerung und dieses radikalisiert. Insofern hat sie einen revolutionären Prozess begonnen – etwas, wozu die meisten derer, die es jetzt schon immer gewusst oder verkündet haben wollen, nicht in der Lage sind. Die Frage ist jetzt, ob die Regierung hinter diesen Prozess zurückfallen wird.

7. Bewegung und Regierung

Syriza ist nach knapp sechs Monaten vorerst an die Grenze der Protestregierung gestoßen. Die Partei muss jetzt tatsächlich „Regierungsverantwortung“ übernehmen. Sie kann sich nicht auf programmatische Positionen zurückziehen, sondern steht vor einem tatsächlichen Dilemma, für das es keine pragmatische Lösung gibt. Das bringt zwangsläufig auch die politische Entfremdung zwischen den Bewegungen und der Regierung mit sich.

Das aber ist gut und alles andere als schlecht. Bewegungen handeln im besten Sinne auch für sich, sie müssen dies tun in ihren unmittelbaren Kämpfen und radikalen Forderungen, die nicht immer gesellschaftliche Mehrheiten umfassen – etwa die Solidarität mit den Flüchtlingen in Griechenland, der Kampf gegen die Sondergefängnisse, die Polizeigewalt, die faschistische Gefahr, gegen den ruinösen Extraktivismus (Goldabbau). Linke Parteien, die nicht allein durch ihre eigene Stärke an Regierung kommen, sondern auch, weil die politische Kaste des Austeritätsregimes implodierte, sollten versuchen, linke Politik für Mehrheitsverhältnisse zu denken und müssen die alltäglichen Lebensverhältnisse der Vielen tatsächlich verbessern. Besonders unter den Bedingungen der alptraumhaften Verarmung und dem Sturz ins Nichts durch die zwei Memoranden der Troika.

Auch die Kampagne des Oxi lebte in der fieberhaften Woche der permanenten Mobilisierung nicht von einer zentralen Leitung, sondern durch die freie Selbstermächtigung unzähliger AktivistInnen, die über die sozialen Medien und auf den Straßen ihr eigenes Oxi begründeten, vervielfältigten und damit auch vergesellschaftlichten.

Steht das alles jetzt zur Disposition? Ja, wahrscheinlich. Die Enttäuschung ist mit den Händen greifbar. Muss das so bleiben? Beginnt jetzt wieder das alte und reichlich öde Spiel des parlamentarischen Reformismus versus radikale Bewegungen, die mehr wollen? Kann sein, aber es gibt noch etwas anderes. Die Beziehung zwischen weiten Teilen der Bewegung und der Regierung existiert noch immer, sie ist gedemütigt, aber nicht gebrochen. Entscheidend wird sein, wie Syriza seine Entscheidung in dieser Situation nicht nur erklärt, sondern zum Ausgangspunkt einer weiteren Mobilisierung der Gesellschaft macht. Erst darin wird sich eine mögliche Kapitulation ausbuchstabieren. Entscheidend ist aber auch, ob die Bewegungen weiter versuchen, Druck auf ihre Regierung auszuüben. Ob sie tatsächlich in der Lage sind, die Frage der Vergesellschaftung des Bruchs mit dem bestehen Fiskalregime, verkörpert auch durch den Euro, nicht nur zu denken, sondern auch als sozialen Prozess von Vielen organisieren zu können. Wir haben da keinerlei Ratschläge und halten uns bewusst zurück. Dass sich aber unter den gegebenen Verhältnissen unpragmatisch regieren lassen kann, scheint uns genauso klar, wie dass die Bewegungen sich nicht der Logik des Regierens unterordnen dürfen und werden.

8. Neusortierung des Politischen

Was auch immer passiert: Das Referendum hat den politischen Raum nicht nur in Griechenland, sondern auch in Europa neu vermessen. Es hat die Krise und das europäische Regime in jeder fast denkbaren Hinsicht politisiert. Die technokratischen Hüllen fallen und die nackte Gewalt der Politik tritt hervor. Ihre Naturgesetze bestimmen die Gesetze ihrer Politik, aber ihre Gesetze können in Frage gestellt werden. Der Alternativlosigkeit steht jetzt die soziale Demokratie gegenüber.

Die Parteien der alten „Linken“, ob nun in Frankreich, Spanien, Italien, England oder besonders: Deutschland (SPD), sind nur noch „Manager des globalen Kapitalismus“ (Badiou). Ihr JA gegen Syriza und die griechische Bevölkerung hat die letzten Spuren des Keynesianismus und die letzten Momente sozialdemokratischer Solidarität in ihrem Gedächtnis gelöscht. Die erste machtvolle Gegenoffensive gegen den Neoliberalismus und seine Austerität wurde mit versammelten Kräften abgewehrt. Es war eine Kriegserklärung gegen das Neue und den Ausbruch aus der Ordnung. Das haben viele verstanden und viele fanden es in dieser Form der unverfälschten Offenheit empörend, wie die demokratische Selbstermächtigung bis zum letzten Moment durch Angst und Manipulation der „fiskalischen Strukturreform“ unterworfen werden sollte. Europa ist nicht mehr wie zuvor. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis die Forderung eines europäischen Referendums zu TTiP auf den Tisch kommt, bis auch andere Ausgeschlossene ihr Recht einfordern. Die Krise der Repräsentation kennt seit Jahrzehnten die rechte Antwort: Ungarn, Le Pen, Dänemark, Pegida. Jetzt hat sie eine linke Antwort bekommen, die mittelfristig nicht mehr verschwinden kann, egal welche Gestalt sie im Konkreten annimmt. Sie haben sich als politische Kraft in Stellung gebracht, weit vor den 34 Prozent der Wahl vom Januar. Und selbst im beginnenden Präsidialen liegt – zumindest noch auf länger – die Möglichkeit des revoltierenden Überschusses. OXI bleibt der zentrale politische Antagonismus der nächsten Jahre und ist dem Rest der Bewegungen in Europa zugleich zehn Jahre voraus.

9. Das Empire wird von innen zerstört, nicht von außen

Wer sagt, dass das europäische Empire nicht zu reformieren sei, sollte daraus nicht den Schluss ziehen, dass man es deswegen verlassen soll. Natürlich darf man tatsächlich nichts von Merkel erwarten. Sie ist eine wahre Kriegerin ihrer Klasse. Aber natürlich sollte und muss man gerade dort sein und bleiben wo der Gegner ist, wo die eigene Feindschaft markiert werden kann.

Man kämpft ja schließlich auch in der Fabrik und im Stadtteil und nicht dort, wo die Herrschaftsverhältnisse abwesend sind. Diesen Ort gibt es sowieso nicht und Griechenland wird dieser Ort nach dem Grexit nicht sein. Egal ob im oder außerhalb des Euros und der EU: Die europäischen Verhältnisse bilden die objektive Grenze des griechischen Aufbruchs. Hier beginnt die Verantwortung der europäischen Bewegungen, besonders in Deutschland. Die Überschreitung liegt jetzt in unseren Händen. Das betrifft alle sozialen Bewegungen und politischen Kämpfe für ein Europa der Rechte für Alle und der wahren Demokratie. Das betrifft transnationale Fixpunkte des Protestes wie Blockupy, wie alle anderen grenzüberschreitenden Verbindungen der radikalen Linken. Und natürlich betrifft es die „Europäische Linke“ um die DIE LINKE. Alle müssen etwas ändern, alle müssen ihre Politiken überprüfen und sich fragen: Wie können wir die griechische Sache internationalisieren und das Oxi europäisieren? Zusammen, getrennt, vereint, an den jeweiligen Orten, in den jeweiligen Formen. Wir müssen unsere Praxis erneuern – in dieser Konstellation.

Und noch etwas: Syriza braucht keinen Fanclub. Wir sollten den Wert der Linskregierung verstehen, ohne moskautreu zu werden. „Leider verlangen kleine Fortschritte noch immer große Opfer“, textete uns per SMS am aufwühlenden Freitag der Entscheidung ein Genosse des Diktyo aus dem tiefen Raum der Regierung. Ja, das ist ein großer Mist. Weitermachen. Was sonst?

Blockupy goes Athen, 12. Juli 2015 (12.00 Uhr, Berlin)

PS: Wir als Team beenden unsere Berichterstattung und machen zugleich weiter. Was immer noch kommt, die zurückliegende Zeit hat uns schon verändert. In Athen haben wir mit abgekämpften, aber weitsichtigen GenossInnen geredet und sehr mutige common peoplekennengelernt, die uns ihr Oxi erklärten. Wir haben gemerkt, wie sehr wir uns wünschen, dass es mehr griechische Freundschaft gegen die deutsche Ordnung gibt. Es war aufwühlend, es war historisch und: wir haben gelernt.

PPS: Alle unsere Einschätzungen bleiben bestehen, aber alles kann in den nächsten Stunden und Tagen noch ganz anders kommen. Denn die Berliner Pastoralmacht will offenbar mehr. Die pure Alternativlosigkeit soll siegen: Shock and Awe („Schrecken und Ehrfurcht“), nichts darf überleben. Wenn die große Unterwerfung nicht reicht, wird die griechische Gesellschaft den großen Sprung ins Unbekannte wagen müssen. Oder sie bleibt beim wiederholten Nichts oder geht noch darunter. Dann ist vorerst wieder etwas vorbei. Das allerdings entscheidet dann nicht allein die Regierung, sondern dann geht es auf der Straße tatsächlich um alles.

blockupy goes Athen: “Es gibt keine Lösung außer zu kämpfen”

blockupy berlin
Niemand weiß in Athen, wie die Dinge sich hier weiter entwickeln werden. Niemand. Alle sind sich einig, dass sich im Referendum eine Zäsur abbildet. Deswegen erzählen wir, was um uns herum passiert und diskutiert wird.
»Es gibt keine Lösung außer zu kämpfen.«

Was heißt das, wenn es sich nicht nur um eine linksradikale Parole handelt, sondern wenn sich tatsächlich eine ganze Gesellschaft dieser existenziellen Fragestellung genähert hat? Die Situation nach dem Referendum ist jetzt durch zwei fast antagonistische Ausgangspunkte markiert: Einerseits das überwältigende OXI vom Sonntag, in dem sich eine machtvolle Ablehnung der Austeritätspolitik, der falschen Kompromisse und der alten Elite artikulierte, eine Zurückweisung, die stärker war als selbst viele Linke zu hoffen wagten. Andererseits die Dramatik geschlossener Banken und der drohende Staatsbankrott. Und hierbei geht es überhaupt nicht um die eher abstrakte Zahlungsunfähigkeit gegenüber den internationalen Geldgebern. Es ist viel dichter an allem und allen: Was passiert, wenn die Regierung keine Löhne mehr auszahlen kann, wenn nicht mal mehr die täglichen 60 Euro aus den Bankautomaten drin sind? Die griechische Bevölkerung hat gegenüber dem Diktat dieser fiskalischen Ordnung »Nein« gesagt und das Mandat einer Regierung erneuert, in diesem Sinne Politik zu machen. Die Regierung hat mit dem Referendum ein politisches Erdbeben ausgelöst – und hat es in dieser Stärke vielleicht selbst nicht erwartet. Viele Analysten sprachen davon, dass die OXI-Kampagne ein kluger Schachzug einer linken Partei sei, um sich mit Würde aus der Regierung verabschieden zu können, ohne die eigenen Versprechen zu brechen. Fast alle politischen AktivistInnen haben mit einem knappen Ergebnis gerechnet. Nun liegt eine neue ereignishafte Situation vor. Unerwartet und zugleich in alle Richtungen ausdeut- und interpretierbar.

Liegt eine Revolution in der Luft?

Ja und Nein. Nein, weil die Regierung in doppelter Hinsicht extrem erpressbar und anfällig bleibt: sowohl im Hinblick auf die Verhandlungen um zukünftige Memoranden, als auch in der Frage der Grundsicherung der staatlichen Versorgung in den allernächsten Tagen. Für beides brauchen sie vorläufig die europäischen Eliten. Die Menschen haben aber auch bewiesen, dass sie die Angst verlieren können und gaben der Verweigerung ein plebiszitäres Mandat. Die Bevölkerung ist also tatsächlich bereit etwas zu wagen, zu kämpfen. Aber kann sie selbst die Bedingungen des Kampfes überhaupt aufrechterhalten? Kann das einmalige OXI, dem natürlich – von der Syntagma-Platzbesetzung 2011 bis zum Wahlsieg von Syriza zu Beginn dieses Jahres – ein ganzer Zyklus der sozialen Bewegung vorrausging, sich in eine Bewegung des gesellschaftlichen Bruchs fortentwickeln, der größer sein muss als die größte anzunehmende Menge von AktivistInnen? Und heißt die Bereitschaft zum Nein auch die Möglichkeit einer sozialen Transformation?

Selbst ein Abkommen in Brüssel wäre vor diesem Hintergrund etwas anderes als der schlechte Kompromiss, den viele die letzten Monate zu recht befürchteten: Eine demokratische Massenerhebung schafft es mit einer Regierung, die in Teilen wie eine institutionelle Insurrektion operiert und einen Putschversuch hinter sich hat, dem europäischen Imperium, dass es ganz offen loswerden will, etwas abzutrotzen – und das innerhalb ihres eigenen Herrschaftsraumes. Ändert es also vielleicht die Bedeutung einer neuen Vereinbarung, wenn klar ist, dass sie nur zur Stabilisierung einer nächsten Offensive taugt? Hat vielleicht das Referendum eine in dieser Hinsicht neue politische Konstellation erzeugt? Und verliert die institutionelle Einigung ihre große symbolische Bedeutung, weil der politische Prozess des Referendums letztlich schon einen bestimmten Bruch zur Voraussetzung hatte? Keine einfachen Fragen und wir alle sollten uns vor unseren radikalen Romantizismen hüten, ohne dabei im schlechten Sinn pragmatisch zu werden. Zumindest nehmen wir wahr, dass auch jenseits von Syriza die symbolische Bedeutung von möglichen Vereinbarungen in Brüssel abnimmt.

Politik der Kämpfe

Die Syriza-Regierung hat mit dem Referendum einen im Wahlkampf versprochenen Punkt zu einer realen und definitiven Tatsache gemacht: Sie ist nicht in der Lage, die Situation der Menschen durch „gute Politik“ zu verbessern, sondern bleibt gezwungenermaßen eine demonstrierende Regierung. Sie verkörpert das Versprechen der Kämpfe und ist zugleich ihre institutionelle Repräsentation. Das Signal der Hundertausenden auf dem Syntagma vor dem Referendum bestätigt das: Wir nehmen die Kriegserklärung der europäischen Apparate an, wir sind sogar bereit, die Folgen eines innerinstitutionellen Widerstands unserer Regierung zu ertragen, die letztlich eine vernichtende Niederlage miteinschließen können.

Die Regierung hat sich somit der Unterstützung für ihren Kurs des Widerstands versichert. Und die Menschen haben sich vom Terror der geschlossenen Banken nicht schrecken lassen. Dem griechischen Establishment wurde Sonntag ein herber Schlag versetzt, doch vielleicht noch wichtiger als die 61% ist die wirklich populare Mobilisierung, die sich hier exemplarisch manifestierte. Syriza schaffte es tatsächlich weit über ihr Wähler_innen-Klientel hinaus jene Menschen zu mobilisieren, die sich von der Politik längst abgewandt hatten – wenn sie ihr denn jemals zugewandt waren. Das war nur möglich, weil die Mobilisierung selbst viel mehr war als die Partei. Die Ausgeschlossen, die Armen, die Überflüssigen, die Unsichtbaren, sie haben den Platz betreten und ihre Bereitschaft gezeigt, sich auf die Ungewissheit des OXI einzulassen. Das OXI hatte einen Klassencharakter, das ist keine linke Phantasie, sondern die nüchterne Sprache der Zahlen.

Dieses Signal verändert das zu Erwartende und das Mögliche.

Die Validität theoretischer Argumente, welche ökonomischen, politischen und sozialen Konsequenzen der angedrohte Grexit bringt, sind für diesen Moment mit einem neuen Index versehen. Wenn es dabei bleibt, dass es keinen Kompromiss zwischen den „Institutionen“ und Griechenland geben kann, sondern dass es nur die Optionen Unterwerfung oder rebellische Verweigerung gibt, dann heißt das auch, dass die gesellschaftliche Rebellion seit Sonntag wieder eine Möglichkeit ist. Die Regierung muss also nicht mehr einen Deal um jeden Preis eingehen, weil die Bevölkerung diesen Kurs deckt. Die Menschen haben nicht nur gesagt, dass ihre Regierung das maximal Mögliche erstreiten soll. Sie haben auch – was noch viel wichtiger ist – ihre eigenen roten Linien bestimmt. Ja, es gibt jetzt einen Punkt, an dem sie den Hunger einem faulen Apfel vorziehen. Die Angst ist vorerst besiegt.

Das Nein ist eine Kampfansage. Es ist aber noch keine Antwort, keine kollektive Vision für das Andere, das kommen könnte. Das merkt man auch in der innerlinken Diskussion. Im Diktyo gestern Abend hatten wir zeitweise das Gefühl, einer Diskussion am Vorabend der Revolution beizuwohnen. Es werden nun Antworten gesucht, von denen die sagen: Wir lassen uns unser OXI nicht enteignen, nicht umdeuten. Niemand wartet auf die Antwort der Partei, der Abend nach dem Referendum steht unter dem Zeichen der Diskussionen in den Bewegungen und außerparlamentarischen Organisationen: Was ist unser nächster Schritt? Wie nutzen wir die Stärke und den Rückhalt, den die griechische Gesellschaft im Referendum bewiesen hat? Der mögliche Bruch ist aber – und letztlich wissen das auch die meisten – kein Thema des gewollten Grexits, also der Behauptung einer besseren Alternative, einer Lösung. Der Bruch ist vorerst nur die Versicherung der eigenen Kampfbereitschaft: Trauen wir uns weiter und nehmen wir das Risiko auf uns? Denn es geht nicht allein um die radikale Linke, sondern um einen radikalen gesellschaftlichen Schritt – letztlich aller, oder der allermeisten. Es kann also nur eine Bewegung sein, die sich durch die Zurückweisung der Unterordnung erst Stück für Stück erweisen und konstituieren kann. Der rebellische Exodus soll also nicht hinaus, sondern hineingehen in das europäische Empire, deren Chefetagen die griechische Linksregierung mit einem ausgesprochenen Regime Change zum Sturz bringen wollte. Nein, Syriza wird den europäischen Eliten wohl nicht den Gefallen tun, sich in die kollektive Landkommune, in die forcierte Schattenwirtschaft einer sozialistischen Volksrepublik Griechenland zurückzuziehen und den politischen Sprengstoff des Schuldendiktats, das jetzt in Brüssel auf dem Tisch liegt, in die Gnade einer kommenden Entwicklungshilfe für die notleidende Bevölkerung umzuwidmen und sich damit vollends zur Almosenempfängerin zu degradieren.

Die Alternativlosigkeit ist gebrochen.

Die europäische JA-Kampagne hat für alle weithin sichtbar gemacht, dass das Europa der EU Ausdruck eines Kapital-Parlamentarismus ist, dessen demokratischer Pathos auf einer Lüge beruht: Es sind nur jene Repräsentationen erlaubt, die die Konfiguration nicht verschieben und Syriza will etwas, was in dem Bestehenden nicht möglich ist. »Wer Widerstand leistet, verbessert seine Position nicht, sondern verschlechtert sie.« Das ist die Botschaft, die Berlin und Brüssel nach Europa senden wollen. Sie ertragen nicht, dass der Demos sich seine Stimme zurückerobert hat – und dabei nach links geht. Das Oxi zeigt, wie weit sich die Krise der Repräsentation vertiefen lässt. Griechenland hat jetzt nicht nur eine Linksregierung, sondern ein neues politisches Koordinatensystem. Die zuvor Unsichtbaren und Ausgeschlossenen sind nun die, die durch ihre Präsenz, aber auch durch die Regierung und ihre Repräsentation sprechen. Griechenland bleibt das Laboratorium einer Wende. Hat hier »die große Verweigerung« (Marcuse) begonnen? Es liegt an uns sie zu europäisieren. Egal was morgen in Brüssel passiert. Das Oxi ist größer als jede Regierung.

http://athens.blockupy.org/post/123487696680/es-gibt-keine-loesung-ausser-zu-kaempfen

Blockupy goes Athens: Der Triumph des Neuen. Es ist ein OXI.

NaturFreunde Griechenland OXI

1. Die Menschen haben „NEIN“ gesagt, ohne zu wissen was es genau heißt und was es morgen bringt. Aber sie wissen, was es für sie heißt: Sie haben dieses Leben und die Memoranden satt.

2. Die Leute sind wütend über die Arroganz der Macht, den Autoritarismus der europäischen Institutionen und seine Sprechapparate. Sie sind fertig mit alledem.

3. Das Neue ist die Mehrheit. Das alte System des korrupten Zwei-Parteien-Parlamentarismus stand geschlossen auf der Seite des JA. Auch dagegen artikulierte sich das “NEIN”. Die Eliten von gestern sind weiter der Feind, den die Mehrheit nicht zurückhaben will – und ganz offenbar um keinen Preis. Die politische Kaste, die privaten Medien, die Kirche, die Altparteien: Ihre Kampagne und ihre Versprechen erreichen nur noch eine Minderheit.

4. Die Armen und das noch immer existierende Proletariat haben “NEIN” gesagt. In manchen Athener Stadtteilen mit bis zu 80 Prozent. Die Menschen vertrauen Tsipras, weil er etwas Neues verkörpert und sie vertritt – obwohl sie nicht genau wissen, was Syriza eigentlich durchsetzen kann, sie vertrauen Syriza, ohne Syriza gewählt zu haben.

5. Das große OXI ist schon jetzt ein Erbe für die radikale Linke und die sozialen Bewegungen. Es verkörpert den größten Antagonismus in Westeuropa seit der Nelkenrevolution 1974.

6. Das OXI wird bleiben. Es muss und wird sich verallgemeinern – im Rest von Europa und darüber hinaus. Und die Semantik des NEIN entspricht dem Stand der Kämpfe: Das Neue ist noch nicht bekannt. Aber die Angst ist besiegt. So wie es ist, darf es nicht bleiben.

7. Das Große OXI war nur denkbar, weil eine Bewegung eine Repräsentation hatte und die Repräsentation eine Bewegung. Es ist der mögliche Beginn einer neuen Unidad Popular.

8. Das OXI ist ein klares Nein zum Weiter so. Damit hat die Bewegung des Demos seine Position erneuert. Syriza wird es zu respektieren haben. Versucht die Regierung, aus dem Nein ein Ja zu machen, wird sie verschwinden.

9. Der Sieg wird auf der Straße gefeiert. Und heute auch einmal: im Regierungspalast.

10. Natürlich wird morgen wieder verhandelt. Was sonst? Aber ab morgen beginnt auch die Kampagne des europäischen OXI. Ein Gespenst geht um in Europa.

blockupy goes athens, Athen am 05.07.2015, 20.45h (Griechische Zeit)


It´s a victory. The unknown triumphes.

1) The people said „NO“. Without knowing what that exactly means and what it will bring tomorrow. But they clearly know, what it means for them: They are fed up with this life and the memoranda.
2) People are angry about the arrogance of power, of the authoritarian governance of the European institutions and their discourse mill. They are done with all of that.
3) The New is the majority. The old system of the corrupt two party parliamentarism stood all in one for the YES. The „NO“ was articulated also against that. The elites of yesterday continue to be the enemy, which the majority rejects to have a comeback – obviously without stopping at nothing. The political caste, the private media, the church, the old parties: their campaign and their promises only reach a minority today.
4) The poor and the still existing proletariat said „NO“. In some of Athen’s neighborhoods even with up to 80%. People trust Tsipras, because he stands for the New and he’s their represantative – albeit they don´t know what Syriza can achieve, people trust in Syriza, even without having voted for Syriza.
5) The big OXI has already become an inheritance for the radical left and the social movements. It incorporates the biggest possible antagonism in Europe since the carnation revolution of 1974.
6) The Oxi will remain. It has to universalize – in Europe and beyond Europe. The Oxi’s semantics corresponds with the current level of struggles: The New is still to uncover. But fear has been conquered. Something’s gotta give.

7) The Oxi was only imagenable, because there was a movement carrying a representation and a representation carrying a movement. A possible starting point of a new born Unidad Popular?
8) The Oxi is a clear No to any »Right on!«. Therewith the movement, the Demos renewed its position. Syriza will be oblidged to answer it. If the government tries to read the no as a yes, they will disappear.
9) The victory´s celebration will take place in the streets of course. But Today, it will also take place in the goverment´s building (Maximou).

10) Of course, tomorrow negociations start again. What else? But at the same time, from tomorrow on, the campaign of the European Oxi! starts. A spectre is hauting europe!

blockupy goes athens, 5th of July, 20.45h (Greek time!)

NaturFreunde: Das Referendum als Chance: Europa braucht einen neuen Kurs

NaturFreunde Griechenland OXI

Berlin, 6. Juli 2015 – „Das griechische Referendum ist eine große Chance, endlich über einen neuen Kurs der EU zu reden“, mahnt Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands. „Griechenland will seine Würde bewahren, Menschen in ganz Europa wollen ihre Würde bewahren. Darum geht es und das müssen Politiker, Banker, Wirtschaftsberater und Journalisten endlich begreifen“, betont Müller, der im Einzelnen erklärt: 

„Das griechische Referendum ist ein harter Schuss vor den Bug von IWF, EZB und Euro-Finanzminister, die mit ihrer Geldpolitik dabei waren, dem griechischen Volk die Würde zu nehmen. IWF, EZB und Euro-Finanzminister setzten die EU gleich mit dem Euro. Ihre Politik setzt auf Anpassung und fordert Unterordnung.

Das Referendum ist auch eine Warnung, dass die Kursbestimmung Europas nicht länger Banken, Unternehmensberatern und engstirnigen Wirtschaftswissenschaftlern überlassen werden darf – überall in Europa, nicht nur in Griechenland. Die Mehrheit der griechischen Bevölkerung sieht ihre Entscheidung als Befreiung an. Ob sie tatsächlich eine wird, ist allerdings nicht ausgemacht.

Bringt Griechenland die EU zum Einsturz?

Politisch vernünftig ist es, den neoliberalen Kurs jetzt zu beenden. Denn Griechenland könnte genau der Dominostein werden, der die gesamte EU zum Einsturz bringt. Es geht nicht um die Fortsetzung der Verhandlungen, es geht jetzt um die Verantwortung für ein soziales und ökologisches Europa: Wird das griechische Referendum zum Scherbenhaufen gemacht oder wird die Austeritätspolitik endlich überwunden.

Manche Kommentatoren haben mit ihrer Feststellung, Griechenland hätte sich isoliert, nicht verstanden, was unter der Oberfläche der Auseinandersetzung tatsächlich vor sich geht. Die Menschen in Griechenland wollen sich nicht länger in Geiselhaft der Finanz- und Haushaltspolitik nehmen lassen.

 

Flotte Geldhändler aus den Finanztempeln werfen

Unbeschadet der Fehler, die gemacht wurden, haben sie sich zu Recht gewehrt – ganz im Geiste des Vertragsabschlusses von Bretton Woods, wo die internationale Staatengemeinschaft die Weltwirtschaftsordnung der Nachkriegszeit im Konsens festlegte und dabei erklärte: „Krisen, Kriege und schwere Konflikte können nur verhindert werden, wenn die Geldhändler aus den Tempeln der internationalen Finanzen geworfen werden.“

Die Politik muss die Entscheidung des griechischen Volkes nicht nur akzeptieren, sondern endlich zu einem neuen Kurs in Europa kommen. Und das gilt nicht nur für die Politik: Der 5. Juli 2015 war auch ein schwarzer Tag für zahlreiche Wirtschaftsberater, die wollen, dass sich die Welt nur um ihre ökonomistische Logik dreht. Und es war ein schwarzer Tag für viele Journalisten, die diese Logik einfach übernommen haben. In manchen Redaktionen hat sich eine ökonomistische Engstirnigkeit eingenistet, die blind macht für das, um was es eigentlich geht.

 

In der Griechenland-Krise sollte es nicht um Formfragen gehen

Natürlich erscheint Alexis Tsipras manchmal wie ein Azubi, der seine Unsicherheit durch forsches Auftreten gegenüber den eigenen Leuten zu überspielen sucht. Natürlich hat er Fehler gemacht und mit eigenen Regeln und Karten gespielt. Dennoch: In der Griechenland-Krise, die längst eine Krise Europas ist, sollte es nicht um Formfragen gehen, sondern der richtige Kurs Europas debattiert werden.

Dafür müssen die geistigen und politischen Blockaden, die unter anderen Schulmeister Wolfgang Schäuble mit seinem BILD-gestützten Kurs aufgebaut hat, endlich überwunden werden. Dafür müsste aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel endlich wissen, was zu tun ist. Wieder einmal erweckt sie einen genau gegenteiligen Eindruck. Welchen Schaden diese beiden Akteure bereits angerichtet haben, zeigt sich auch daran, dass eine deutschlandfeindliche Stimmung in Griechenland entstanden ist, dessen Eliten in der Zeit der Militärdiktatur so zahlreich in unserem Land Zuflucht gesucht haben.

NaturFreunde streiten für die soziale Emanzipation

Seit Gründung der NaturFreunde im Jahr 1895 treibt uns der Kampf für die Gleichheit der Menschen, für die Entfaltung der sozialen Emanzipation und die Verwirklichung von Gerechtigkeit an. Wir wollen kein Europa der Banken, kein Europa der Technokraten, sondern ein Europa der Menschen, ein sozial-ökologisches Europa.

Es darf nicht länger sein, dass der Euro zum Goldenen Kalb gemacht wird. Deshalb ist die Entscheidung in Griechenland auch eine Ermutigung für uns, weiter für ein anderes, für ein sozial-ökologisches Europa zu streiten.“

Die Erpressung: Letztes „Angebot“ der Gläubiger an Griechenland

Griechenland 1

Tabelle 1 – Griechenland: Vorabmaßnahmen

Politische Zielsetzung
In Abstimmung mit der Europäischen Kommission, der EZB und dem IWF zu ergreifende Maßnahmen:
 

1.    Nachtragshaushalt 2015 und mittelfristige Haushaltsstrategie (MTFS) 2016–2019

Verabschiedung mit Wirkung vom 1. Juli 2015 eines Nachtragshaushalts für 2015 und einer mittelfristigen Haushaltsstrategie für 2016–2019, gestützt von einem umfassenden und glaubwürdigen Maßnahmenpaket. Der neue haushaltspolitische Kurs sieht ein Primärüberschussziel von 1, 2, 3 bzw. 3,5 Prozent des BIP für 2015, 2016, 2017 bzw. 2018 vor. Das Paket umfasst Mehrwertsteuerreformen (Absatz 2), weitere steuerpolitische Maßnahmen (Absatz 3), Rentenreformen (Absatz 4), Reformen der öffentlichen Verwaltung (Absatz 5), Reformen zum Abbau der Defizite bei der Steuerbeitreibung (Absatz 6) und weitere parametrische Maßnahmen, wie nachstehend aufgeführt.
2.    Mehrwertsteuerreform
Verabschiedung von Rechtsvorschriften zur Reformierung des Mehrwertsteuersystems, die am 1. Juli 2015 in Kraft treten. Die Reform ist auf jährliche, durch parametrische Änderungen generierte Nettomehreinnahmen in Höhe von 1 Prozent des BIP ausgerichtet. Das neue Mehrwertsteuersystem wird (i) die Steuersätze vereinheitlichen und hierzu einen Standardsteuersatz von 23 Prozent, dem auch Restaurants, Hotels und Cateringunternehmen unterliegen, einen reduzierten Steuersatz von 13 Prozent für Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser (mit Ausnahme von Abwasser) sowie einen stark reduzierten Satz von 6 Prozent für Arzneimittel, Bücher und Theater vorsehen; (ii) Steuerbefreiungen abbauen, um die Steuerbemessungsgrundlage zu verbreitern, sowie die Steuern auf Versicherungen erhöhen; und (iii) Steuernachlässe, unter anderem bei Inseln, abschaffen.

Die vorstehend erläuterte Anhebung des Mehrwertsteuersatzes kann Ende 2016 überprüft werden, sofern durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und zur Verbesserung der Einziehbarkeit der Mehrwertsteuer gleichwertige Mehreinnahmen erzielt werden. Entscheidungen über die Durchführung einer solchen Überprüfung werden im Benehmen mit den Institutionen getroffen.

3.    Haushaltspolitische Strukturreformen
Verabschiedung von Rechtsvorschriften, um

·         Möglichkeiten zur Umgehung der Einkommensteuer zu eliminieren (z. B. engere Definition des Begriffs des Landwirts); Maßnahmen zur Erhöhung der Körperschaftsteuer im Jahr 2015 und zur Anordnung von Vorauszahlungen von 100 % bei Körperschaftsteuer und Einkommensteuer von Einzelunternehmen bis Ende 2016 zu ergreifen; die steuerliche Begünstigung von Landwirten im Einkommensteuergesetz abzuschaffen; den Solidaritätsbeitrag zu erhöhen.

·         Subventionen für Landwirte bei den Verbrauchsteuern auf Dieselkraftstoff abzuschaffen sowie die Anspruchsvoraussetzungen gezielter zu steuern, so dass die Ausgaben für Heizölsubventionen im Haushalt 2016 halbiert werden.

·         im Hinblick auf eine Überarbeitung der gebietsbezogenen Immobilienwerte die Vermögenssteuersätze gegebenenfalls anzupassen, um die Vermögenssteuereinnahmen in den Jahren 2015 und 2016 von 2,65 Mrd. EUR sicherzustellen, und die alternative Mindestbesteuerung von Privateinkommen anzupassen.

·         die Quellensteuer auf grenzüberschreitende Erträge, die durch das Vorauszahlungsgesetz (installments act)(Gesetz XXXX/2015) eingeführt wurde, abzuschaffen und die jüngsten Änderungen des Einkommensteuergesetzes im Gesetz über die öffentliche Verwaltung (Gesetz XXXX/2015), einschließlich der besonderen Behandlung von landwirtschaftlichen Einkünften, aufzuheben;

·         ausstehende Reformen im Bereich der Einkommensteuer- und Steuerverfahrensgesetze zu verabschieden: Einführung neuer strafrechtlicher Bestimmungen gegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, um das Sonderstrafgesetz 2523/1997 und andere einschlägige Rechtsvorschriften zu ändern, und Ersetzung von Artikel 55, Absatz 1 und 2 des Steuerverfahrensgesetzes mit dem Ziel, die Definition von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu modernisieren und auf alle Steuerarten auszuweiten; Abschaffung aller Geldbußen gemäß dem Gesetz über die Buchführung (Code of Books and Records), einschließlich derjenigen, die gemäß dem Gesetz 2523/1997 erhoben werden; Ausarbeitung der steuerlichen Rahmenbedingungen für gemeinsame Anlageinstrumente und deren Beteiligte in Übereinstimmung mit dem Einkommensteuergesetz und im Einklang mit den in der EU geltenden bewährten Verfahren.

·         Rechtsvorschriften zur Aktualisierung des Haushaltsrahmengesetzes zu verabschieden, um (i) einen Rahmen für unabhängige Stellen einzuführen; (ii) Ex-ante-Prüfungen des griechischen Rechnungshofs und der Rechnungsprüfer (ypologos) stufenweise abzuschaffen; (iii) den Generaldirektionen für Finanzdienstleistungen (GDFS) die ausschließliche Kompetenz im Bereich Finanzdienstleistungen und dem Obersten Rechnungshof Aufsichtsbefugnisse über die öffentlichen Finanzen einzuräumen; und (iv) die Betriebsprüfungsämter schrittweise bis Januar 2017 abzuschaffen.

·         Erhöhung der Tonnagesteuer und schrittweise Abschaffung der steuerlichen Sonderbehandlungen für die Schifffahrt.

Bis September 2015 (i) Vereinfachung des Systems der Steuerfreibeträge bei den Privateinkommen; (ii) Neugestaltung des Solidaritätsbeitrags für Einkünfte im Jahr 2016 und dessen Einbindung in das Einkommensteuergesetz, um auf wirksamere Art und Weise eine Progressivität im Einkommensteuersystem zu erzielen; (iii) Veröffentlichung eines Rundschreibens zu Bußgeldern, um die umfassende und einheitliche Anwendung des Steuerverfahrensgesetzes sicherzustellen; (iv) und weitere verbleibende Reformen, wie in Absatz 9 des Länderberichts Nr. 14/151 des IWF dargelegt.

Im Gesundheitswesen mit Wirkung vom 1. Juli 2015 (i) Wiederherstellung der Verschreibung nach internationalem Freinamen (INN) in vollem Umfang und ohne Ausnahmen; (ii) als erster Schritt Reduzierung der Preise aller patentfreien Arzneimittel auf 50 Prozent und aller Generika auf 32,5 Prozent der patentierten Produkte durch die Aufhebung der Bestandsschutzklausel („Grandfathering Clause“) für Arzneimittel, die 2012 bereits auf dem Markt waren; und (iii) Prüfung und Begrenzung der Preise für Untersuchungsmethoden, um die strukturellen Ausgaben mit den Rückforderungszielen in Einklang zu bringen; und (iv) vollständige Eintreibung der Rückforderung für Privatkliniken, Diagnosen und Pharmazeutika und Ausdehnung der Rückforderungsgrenze von 2015 auf 2016.

Beginn der Überprüfung der Sozialfürsorge gemäß den vereinbarten Prüfkriterien mit technischer Unterstützung der Weltbank, um Einsparungen in Höhe von ½ % des BIP zu erzielen, welche zur Finanzierung einer haushaltsneutralen schrittweisen Einführung des garantierten Mindesteinkommens im Januar 2016 beitragen können. Aufnahme des Folgenden in den Haushaltsplan 2016:

·         Reduzierung des Ausgabenplafonds bei den Militärausgaben um 400 Mio. EUR mithilfe eines zielgerichteten Maßnahmenbündels, darunter Reduzierung in den Bereichen Personalbestand und Beschaffung.

·         Einführung einer Reform des Einkommensteuergesetzes betreffend unter anderem [die Vermögensbesteuerung], Anlageinstrumente, Landwirte und Selbständige usw.

·         Erhöhung des Körperschaftssteuersatzes von 26 % auf 28 %.

·         Einführung einer Steuer auf Fernsehwerbung.

·         Ankündigung einer internationalen öffentlichen Ausschreibung über den Erwerb von Fernsehlizenzen sowie nutzungsbezogene Gebühren für relevante Frequenzen.

·         Ausdehnung der Einführung der Luxussteuer auf Freizeitboote von über 10 m Länge und Anhebung des Satzes von 10 % auf 13 % mit Anwendbarkeit ab der Erhebung der Einkommensteuer 2014 und danach.

·         Anwendung einer Steuer auf Bruttoeinnahmen aus VLT-Glücksspielen in Höhe von 30 %, deren Einführung voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2015 und im Jahr 2016 erfolgt.

·         Einleitung des Ausschreibungsverfahrens für die Erteilung von 4G- und 5G-Lizenzen.

4.    Rentenreform
Die Regierung erkennt an, dass das Rentensystem nicht tragfähig ist und grundlegender Reformen bedarf. Daher wird sie das Rentenreformgesetz von 2010 (3863/2010) in vollem Umfang umsetzen und die Nachhaltigkeitsfaktoren für Zusatzrenten und Einmalzahlungen aus der Reform von 2012 in vollem Umfang umsetzen oder ersetzen/anpassen, um gleichwertige Einsparungen zu erzielen, und weitere Schritte zur Verbesserung des Rentensystems unternehmen.

Mit Wirkung ab dem 1. Juli 2015 werden die Behörden schrittweise Reformen einführen, mit denen geschätzte dauerhafte Einsparungen in Höhe von ¼–½ Prozent des BIP im Jahr 2015 und 1 Prozent des BIP auf Ganzjahresbasis im Jahr 2016 und danach erzielt werden, und hierzu Rechtsvorschriften verabschieden, um

·         starke negative Anreize für den Vorruhestand zu schaffen, unter anderem durch die Anpassung der Abzüge bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand, sowie – durch den allmählichen Abbau des Bestandschutzes beim gesetzlichen Renteneintrittsalter und der Vorruhestandsregelungen – eine schrittweise Angleichung an die Obergrenze eines gesetzlichen Renteneintrittsalters von 67 Jahren bzw. 62 Jahren bei 40 Beitragsjahren bis 2022 für alle Personen zu erzielen, die nach dem 30. Juni 2015 in den Ruhestand treten (ausgenommen körperlich anstrengende Berufe und Mütter von Kindern mit Behinderung).

·         Rechtsvorschriften zu erlassen, wonach Entnahmen aus dem Sozialversicherungsfonds bei den von der Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters betroffenen Personen einen jährlichen Abzug von 10 Prozent  zusätzlich zu dem bereits geltenden Abzug von 6 Prozent nach sich ziehen.

·         alle Zusatzrentenkassen in die Vereinte Zusatzversicherungsanstalt ETEA einzugliedern und sicherzustellen, dass alle Zusatzrentenkassen ab dem 1. Januar 2015 ausschließlich aus eigenen Beiträgen finanziert werden.

·         die Sozialrente durch Erhöhung der OGA-Rente für unversicherte Personen gezielter zu steuern.

·         die Solidaritätszulage (EKAS) für alle Rentner schrittweise bis Ende Dezember 2019 abzuschaffen. Für die oberen 20 Prozent der Leistungsempfänger tritt dies sofort in Kraft, die entsprechenden Einzelheiten werden mit den Institutionen vereinbart.

·         die monatlichen Obergrenzen für die garantierte beitragsabhängige Rente nominal bis 2021 einzufrieren.

·         Personen, die nach dem 30. Juni 2015 in den Ruhestand eintreten, die Grundrente, die garantierte beitragsabhängige Rente und die bedarfsabhängige Rente nur bei Erreichen des regulären gesetzlichen Rentenalters von zurzeit 67 Jahren zu gewähren.

·         die relativ niedrigen Krankenversicherungsbeiträge für Rentner von 4 Prozent auf durchschnittlich 6 Prozent zu erhöhen und auf Zusatzrenten auszuweiten.

·         ab dem 1. Juli 2015 alle staatlich finanzierten Ausnahmeregelungen schrittweise abzuschaffen und die Beitragsregeln für alle Rentenversicherungsträger mit der Struktur der Beiträge an die IKA zu harmonisieren.

Darüber hinaus wird die Regierung bis zum 31. Oktober 2015 weitere Reformen mit Wirkung vom 1. Januar 2016 erlassen: (i) gezielte konzeptionelle und parametrische Verbesserungen, um eine engere Verknüpfung zwischen Beitrag und Unterstützungsleistungen herzustellen; (ii) Erweiterung und Modernisierung der Beitrags- und Rentenbemessungsgrundlage für alle Selbständigen, unter anderem durch den Wechsel von fiktiven zu tatsächlichen Einkünften, gemäß den Vorschriften über erforderliche Mindestbeiträge; (iii) Überarbeitung und Straffung aller unterschiedlichen Systemkomponenten der Grundrente, garantierten beitragsabhängigen Rente und bedarfsabhängigen Rente unter Berücksichtigung von Arbeits- und Beitragsleistungsanreizen; (iv) die wichtigsten Elemente einer umfassenden Konsolidierung der Sozialversicherungsträger, einschließlich einer ggf. noch ausstehenden Harmonisierung von Regeln und Verfahren der Beitrags- und Leistungszahlung bei allen Versicherungsträgern; (v) Abschaffung aller Bagatellabgaben zur Finanzierung von Renten und Ausgleich durch Leistungskürzungen oder erhöhte Beiträge bei bestimmten Versicherungsträgern mit Wirkung ab dem 31. Oktober 2015; und (vi) anteilmäßige Harmonisierung der Vorschriften für die Rentenleistungen der Versicherungsanstalt für die Landwirtschaft (OGA) mit dem übrigen Rentensystem, es sei denn, die OGA wird mit anderen Versicherungsträgern verschmolzen. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger wird bis Ende 2017 über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgen. Der Prozess wird 2015 durch den Erlass von Rechtsvorschriften zur Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger zu einer Organisationseinheit eingeleitet und die tatsächliche Zusammenlegung wird bis zum 31. Dezember 2016 abgeschlossen sein. Weitere Senkungen der Betriebskosten und eine effektivere Verwaltung der Ressourcen der Versicherungsträger, einschließlich einer verbesserten Austarierung der Bedürfnisse zwischen besser und schlechter ausgestatteten Sozialversicherungen, wird aktiv gefördert.

Die Regierung wird Rechtsvorschriften erlassen, wonach die Haushaltsauswirkungen der Umsetzung von Gerichtsentscheidungen zur Rentenreform von 2012 vollständig ausgeglichen werden.

Parallel zur Reform des Rentensystems wird eine Überprüfung der Sozialfürsorge durchgeführt, um sicherzustellen, dass die verschiedenen Reformen gerecht sind.

Die Institutionen sind bereit, als Ersatz für einige der oben genannten Maßnahmen andere parametrische Maßnahmen innerhalb des Rentensystems mit gleichwertiger Wirkung in Erwägung zu ziehen, und zwar unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf das Wachstum und vorausgesetzt, dass diese Maßnahmen den Institutionen während der konzeptionellen Phase vorgelegt werden und ausreichend konkret und quantifizierbar sind und dass in dem Fall der Nichterfüllung dieser Voraussetzungen die oben angegebenen Maßnahmen gelten.

5.    Öffentliche Verwaltung, Justiz und Korruptionsbekämpfung
Erlass von Rechtsvorschriften zu folgenden Zwecken:

·         die einheitliche Tarifordnung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 zu reformieren, wobei die Schlüsselparameter haushaltsneutral und im Einklang mit den vereinbarten Zielvorgaben für die Lohn- und Gehaltskosten festgelegt und flächendeckend im öffentlichen Sektor angewendet werden, einschließlich der Dekomprimierung der Lohnskala für alle Gehaltsgruppen in Bezug auf die Fähigkeiten, die Leistung und die Aufgaben der Beschäftigten.

·         Rechtsvorschriften zur Rationalisierung der fachbezogenen Tarifordnungen werden bis Ende November 2015 verabschiedet.

·         Lohnnebenleistungen, wie beispielsweise Urlaubsregelungen, Tagegeld, Reisekosten und Vergünstigungen, mit Wirkung vom 1. Januar 2016 an die in der EU geltenden bewährten Verfahren anzugleichen.

·         innerhalb der neuen mittelfristigen Haushaltsstrategie Obergrenzen für die Lohn- und Gehaltskosten und das Beschäftigungsniveau im öffentlichen Sektor festzulegen, in dem Rahmen, in dem dies mit dem Erreichen der Haushaltsziele und der Gewährleistung eines Abwärtstrends der Lohn- und Gehaltskosten im Verhältnis zum BIP bis 2019 vereinbar ist.

·         Manager einzustellen und die Leistungen aller Bediensteten zu beurteilen (mit dem Ziel, die Einstellung neuer Manager nach Abschluss eines Überprüfungsprozesses bis zum 31. Dezember 2015 abzuschließen).

·         die Zivilprozessordnung (Civil Procedure Code) in Übereinstimmung mit früheren Vereinbarungen zu reformieren.

·         die  Verwaltungsstrukturen von ELSTAT zu stärken. Dies umfasst (i) die Rolle und Struktur der beratenden Gremien des griechischen Statistiksystems (ELSS), einschließlich der Umgestaltung des Rates des ELSS in einen beratenden Ausschuss des ELSS, und die Rolle des beratenden Ausschusses zu bewährten Verfahren (Good Practice Advisory Committee, GPAC); (ii) das Einstellungsverfahren für den Präsidenten von ELSTAT, um sicherzustellen, dass ein Präsident mit höchstmöglichen fachlichen Qualifikationen eingestellt wird, unter Beachtung transparenter Verfahren und Auswahlkriterien; (iii) gegebenenfalls die Einbeziehung von ELSTAT in Gesetzesvorschläge oder andere Vorschläge zu Rechtsakten, die im Zusammenhang mit statistischen Themen stehen; (iv) weitere Belange mit Auswirkung auf die Unabhängigkeit von ELSTAT, einschließlich der finanziellen Autonomie, der Ermächtigung von ELSTAT zur Neuzuweisung von bestehenden Planstellen, zur Einstellung von Mitarbeitern bei Bedarf und zur Einstellung von wissenschaftlichem Fachpersonal sowie der Einstufung der Institution als Organ der Finanzpolitik im jüngsten Gesetz 4270/2014; die Rolle und Befugnisse der griechischen Zentralbank im Statistikbereich im Einklang mit europäischem Recht.

Veröffentlichung eines überarbeiteten strategischen Plans zur Korruptionsbekämpfung bis zum 31. Juli 2015. Änderung und Umsetzung des Rechtsrahmens für die Offenlegung des Vermögens und der Finanzierung der politischen Parteien und Verabschiedung von Rechtsvorschriften, um Untersuchungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität und Korruptionsbekämpfung gegen politische Einflussnahme in Einzelfällen  abzuschirmen.

6.    Steuerverwaltung

Durchführung folgender Maßnahmen:

·         Erlass von Rechtsvorschriften zur Einrichtung einer autonomen Steuerbehörde, in denen Folgendes festgelegt wird: (i) Rechtsform, Organisation, Status und Zuständigkeitsbereich der Behörde; (ii) die Befugnisse und Funktionen des CEO und des unabhängigen Verwaltungsrats; (iii) das Verhältnis zum Finanzminister und anderen Regierungsstellen; (iv) die personelle Flexibilität der Behörde und ihre Beziehung zum öffentlichen Dienst; (v) die Haushaltsautonomie, mit eigener Generaldirektion der Finanzdienste (GDFS) und einer neuen Finanzierungsformel, um Anreize mit der Steuererhebung zu verknüpfen und die Planbarkeit und Flexibilität des Haushalts zu gewährleisten; (vi) die Berichterstattung an die Regierung und das Parlament; und (vii) die unmittelbare Übertragung aller steuerbezogenen Kapazitäten und Beschäftigten in anderen Einrichtungen (einschließlich SDOE) auf die Behörde.

·         In Bezug auf Pfändungen Erlass von Rechtsvorschriften, um die Obergrenze von 25 Prozent für Gehälter und Renten abzuschaffen und alle Pfändungsgrenzen von 1.500 EUR auf ein Niveau zu reduzieren, das noch angemessene Lebensbedingungen gewährleistet; Beschleunigung der Beschaffung der IT-Infrastruktur zur Automatisierung der elektronischen Pfändung; Verbesserung der Regeln für die Abschreibung von Steuerschulden [noch näher festzulegen]; Abschaffung der persönlichen Haftung der Steuerbeamten für die Nichtverfolgung von Altschulden; Abschaffung der Einschränkungen bei der Durchführung von Prüfungen von Steuererklärungen von 2012 gemäß der Regelung über externe Steuerbescheinigungen; soweit gesetzlich möglich, Beitreibung von Vorauszahlungen in Steuerstreitigkeiten.

·         Änderung (i) der Teilzahlungsregelungen 2014–2015 für Steuer- und Sozialversicherungsschulden, um diejenigen auszunehmen, die ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, und Einführung einer Auflage zur Kürzung der Frist für diejenigen, die in der Lage sind, früher zu zahlen, sowie von Marktzinssätzen; LDU und KEAO nehmen bis September 2015 eine Bewertung der großen Steuerschuldner mit Steuer- und Sozialversicherungsschulden in Höhe von über 1 Mio. EUR vor; und (ii) der Basisteilzahlungsregelung (basic instalment scheme)/des Steuerverfahrensgesetzes, um die Marktzinssätze anzupassen und bis Ende 2017 Überprüfungen durch Dritte und Anforderungen an Bankgarantien auszusetzen.

·         Erlass von Rechtsvorschriften, um Abmeldeverfahren zu beschleunigen und erneute Mehrwertsteuerregistrierungen einzuschränken, um die Mehrwertsteuereinnahmen zu schützen, und die Beschaffung einer Netzwerkanalyse-Software zu beschleunigen; Erwirkung des Präsidialerlasses, der erforderlich ist, um die Umorganisation der Abteilung für die Mehrwertsteuerbeitreibung umfassend zu stützen und so die Mehrwertsteuerbeitreibung und Bekämpfung des Mehrwertsteuer-Karussellbetrugs zu intensivieren. Die Behörden werden dem Mehrwertsteuerausschuss der EU einen Antrag vorlegen und eine Abschätzung zu den Auswirkungen einer Erhöhung der Mehrwertsteuerschwelle auf 25.000 EUR ausarbeiten.

·         Bekämpfung des Treibstoffschmuggels durch den Erlass von gesetzlichen Regelungen zur Lokalisierung von (stationären oder mobilen) Speichertanks.

·         Vorlage eines Plans, mit dem die Intensivierung der Bekämpfung der Steuerflucht und unversteuerter Einlagen seitens des Generalsekretärs der Steuerverwaltung (SGPR) durch die Prüfung von Bankgeschäften bei Banken in Griechenland und im Ausland zur Ermittlung nicht entrichteter Steuern vorangetrieben wird.

·         Aufstellung eines Kostenplans zur Förderung der Nutzung elektronischer Zahlungsmittel unter Inanspruchnahme der Struktur- und Investitionsfonds der EU.

7.    Finanzsektor
Verabschiedung von (i) Änderungen der Insolvenzgesetze für Unternehmen und Privathaushalte, um u. a. alle Schuldner einzubeziehen und die Unternehmensinsolvenz an das Gesetz über die außergerichtliche Abwicklung (OCW) anzugleichen; (ii) Änderungen des Privatinsolvenzgesetzes, um einen Mechanismus zur Trennung strategischer Schuldner von redlichen Schuldnern einzuführen sowie die Verfahren zu vereinfachen und zu stärken und Maßnahmen einzuführen, um den Bearbeitungsrückstand bei Rechtssachen abzubauen; (iii) Änderungen zur unmittelbaren Verbesserung des gerichtlichen Rahmens für Unternehmens- und Privatinsolvenzfälle; (iv) Rechtsvorschriften zur Einführung des reglementierten Berufs des Insolvenzverwalters, der nicht auf eine bestimmte Berufsgruppe beschränkt ist und sich an den bewährten grenzüberschreitenden Erfahrungen orientiert; (v) einer umfassenden Strategie für das Finanzsystem: Diese Strategie basiert auf dem Strategiepapier von 2013 und berücksichtigt das neue Umfeld und die neuen Bedingungen des Finanzsystems und verfolgt das Ziel, die Banken in den Privatbesitz zurückzuführen, indem internationale strategische Investoren gewonnen werden, und mittelfristig ein nachhaltiges Finanzierungsmodell zu erreichen; und (vi) einer ganzheitlichen Strategie zur Abwicklung notleidender Kredite, die mit der Unterstützung eines strategischen Beraters erarbeitet wird.
8.    Arbeitsmarkt
Einleitung eines Konsultationsprozesses, der mit dem zur Festsetzung der Höhe des Mindestlohns (Art. 103 des Gesetzes 4172/2013) vorgesehenen vergleichbar ist, um die bestehenden Rechtsrahmen für Massenentlassungen, Arbeitskampfmaßnahmen und Tarifverhandlungen zu prüfen, unter Berücksichtigung der bewährten Verfahren im übrigen Europa. Weitere Beiträge zu der vorstehend beschriebenen Prüfung werden internationale Organisationen, darunter die IAO, leisten. Organisation und Zeitplanung sind in Abstimmung mit den Institutionen aufzustellen. Vor Abschluss der Prüfung und vor Ende 2015 werden keine Änderungen an dem gegenwärtigen Rahmen für Tarifverhandlungen vorgenommen. Vorgeschlagene Änderungen der Rechtsrahmen werden ausschließlich in Abstimmung mit der Europäischen Kommission, der EZB und dem IWF verabschiedet. Die Behörden unternehmen Schritte zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, um die Wettbewerbsfähigkeit legaler Unternehmen zu stärken und Arbeitnehmer sowie Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen zu schützen.
9.    Produktmarkt
Erlass von Rechtsvorschriften zu folgenden Zwecken:

·         alle ausstehenden Empfehlungen des Toolkit I der OECD zur Bewertung des Wettbewerbs, einschließlich unter anderem LKW-Führerscheine, und die Empfehlungen des Toolkit II der OECD zu Getränken und Erdölprodukten umzusetzen.

·         die reglementierten Berufe des Ingenieurs, Notars, Versicherungsmathematikers und Gerichtsvollziehers zu öffnen und den Markt für die Vermietung von Immobilien an Touristen und den Fährverkehr zu liberalisieren.

·         wechselseitige und  einseitige Bagatellgebühren abzuschaffen.

·         (i) Abbau der Bürokratie, unter anderem bei horizontalen Zulassungsanforderungen von Investitionen und bei risikoarmen Tätigkeiten gemäß den Empfehlungen der Weltbank, sowie des Verwaltungsaufwands der Unternehmen auf der Grundlage der OECD-Empfehlungen, und (ii) Einrichtung eines Ausschusses für die ressortübergreifende Ausarbeitung von Rechtsvorschriften. Zur Umsetzung der Lockerung der Zulassungsanforderungen wird die technische Unterstützung der Weltbank erbeten.

·         die Reform des Gasmarkts und den entsprechenden Fahrplan zu verabschieden, und die Umsetzung sollte folgen.

·         unumkehrbare Schritte (einschließlich der Bekanntgabe des Datums für die Einreichung von verbindlichen Angeboten) zur Privatisierung des Stromnetzbetreibers ADMIE zu unternehmen.

·         Im Hinblick auf die Strommärkte werden die Behörden das System der kapazitätsbezogenen Zahlungen und weitere Regeln für den Strommarkt reformieren, um zu verhindern, dass einige Kraftwerke gezwungen sind, unter ihren variablen Kosten zu agieren, und um die Aufrechnung der Rückstände zwischen PPC und Marktteilnehmer zu verhindern; Festsetzung der Tarife der PPC auf der Grundlage der Kosten, einschließlich Ersetzung der 20-Prozent-Vergünstigung für Kunden mit Strombezug in Hochspannung durch kostenbasierte Tarife; und Meldung von NOME-Produkten bei der Europäischen Kommission. Die Regierung wird auch die Umsetzung des Fahrplans zur Erreichung des von der EU angestrebten Modells für den Strommarkt fortsetzen,  einen neuen Rahmen für die Förderung von erneuerbaren Energien und zur Verwirklichung von Energieeffizienz ausarbeiten und die Energiebesteuerung überprüfen.

·         die finanzielle und operative Unabhängigkeit der Stromaufsichtsbehörde zu stärken.

Die Regierung wird Rechtsvorschriften für die Ratifizierung der Richtlinie 27/2012/EU zur Energieeffizienz erlassen.

10.  Privatisierung
·         Das Direktorium des Privatisierungsfonds HRADF (Hellenic Republic Asset Development Fund) wird seinen Vermögensentwicklungsplan genehmigen, der alle ab dem 31.12.2014 vom HRADF gehaltenen Vermögenswerte für die Privatisierung umfasst; das Kabinett wird den Plan billigen.

·         Um den Abschluss der Ausschreibungsverfahren zu erleichtern, werden die Behörden alle ausstehenden Maßnahmen der Regierung abschließen, darunter auch diejenigen, die für die Regionalflughäfen, TRAINOSE, Egnatia, die Häfen Piraeus und Thessaloniki und Hellinikon (detaillierte Liste im Technischen Memorandum) erforderlich sind. Diese Liste der Maßnahmen wird regelmäßig aktualisiert, und die Regierung wird sicherstellen, dass alle ausstehenden Maßnahmen fristgerecht umgesetzt werden.

·         Die Regierung und der HRADF werden verbindliche Daten zur Angebotsabgabe für die Häfen Piräus und Thessaloniki spätestens für Ende Oktober 2015 und für TRAINOSE ROSCO ohne wesentliche Änderungen der Ausschreibungsbedingungen bekanntgeben.

·         Die Regierung wird die staatlichen Anteile an OTE auf den HRADF übertragen.

·         Sie unternimmt unumkehrbare Schritte für den Verkauf der Regionalflughäfen zu den gegenwärtigen Bedingungen, bei denen der Bieter, der den Zuschlag erhält, bereits ausgewählt ist.

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